Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 64
Für Fälle der Liquidation enthält § 38 KStG über die Abs. 4–10 verstreut einige Sonderregelungen. Die Regelungen zur Liquidation gelten entsprechend auch für das Insolvenzverfahren. Zwar enthält § 38 KStG insoweit keine Bestimmung, jedoch gilt die allgemeine Verweisung in § 11 Abs. 7 KStG m. E. entsprechend auch im Rahmen des § 38 KStG, obwohl § 11 Abs. 7 KStG nur auf § 11 Abs. 1 – 6 KStG, nicht aber auf § 38 KStG verweist. M. E. ist diese insoweit unvollständige Verweisung entsprechend zu ergänzen. Das ist gerechtfertigt, weil § 38 Abs. 4 S. 2 KStG für den Begriff der "Liquidation" auf § 11 KStG, und damit auch auf dessen Abs. 7 verweist.
Soweit es nach § 38 KStG für Liquidationen auf den Beginn der Liquidation ankommt, tritt für Insolvenzverfahren an die Stelle dieses Zeitpunkts der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Rz. 65
Abs. 4 S. 2, 3 enthält besondere Regelungen für die letztmalige Feststellung des Betrags des ehemaligen EK 02 für den Fall der Liquidation, wenn der Liquidationszeitraum über den Stichtag 31.12.2006 hinausreicht. Diese Sonderregelung ist notwendig, weil bei einer Liquidation nicht mehr das Wirtschaftsjahr steuerlich maßgebend ist, sondern der regelmäßig auf drei Jahre verlängerte Besteuerungszeitraum nach § 11 Abs. 1 S. 2 KStG. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Hat die Liquidation vor dem 1.1.2007 begonnen, und hat die Schlussverteilung vor diesem Zeitpunkt stattgefunden, ist die Liquidation vor dem 1.1.2007 beendet. Da in diesem Fall das gesamte Vermögen vor dem 1.1.2007 ausgekehrt worden ist, kann zum 31.12.2006 kein ehemaliges EK 02 mehr vorhanden sein. Die Auskehrung des Vermögens vor dem 1.1.2007 hat zu einer Körperschaftsteuererhöhung nach Abs. 2 geführt, die im Rahmen der Liquidation zu berücksichtigen war. Abs. 4 ist auf diese Fälle nicht anwendbar.
- Hat die Liquidation erst nach dem 31.12.2006 begonnen, war das ehemalige EK 02 letztmalig auf den 31.12.2006 festzustellen. Hieraus ist eine Körperschaftsteuererhöhung zu ermitteln, die am 1.1.2007 entsteht und daher bei der Liquidation als Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist. Auch für diesen Fall sind für die Ermittlung der Körperschaftsteuererhöhung keine besonderen Regelungen erforderlich. Eine besondere Bestimmung für diese Fälle enthält nur Abs. 8, der die Fälligkeit betrifft (vgl. Rz. 69).
Rz. 66
Einer besonderen Regelung zur Ermittlung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags bedürfen die Fälle, in denen die Liquidation vor dem 1.1.2007 begonnen hat und die Verteilung von Vermögen nach dem 31.12.2006 erfolgt ist. Dann erstreckt sich der letzte Besteuerungszeitraum über den 31.12.2006 hinaus. Auf den 31.12.2006 erfolgt also kein Abschluss und damit auch keine Ermittlung des ehemaligen EK 02. Der Gesetzgeber ist nicht den Weg gegangen, wie bei einem vom Kj. abweichenden Wirtschaftsjahr die Ermittlung des ehemaligen EK 02 auch für diesen Fall auf den 31.12.2006 vorzuschreiben. Vielmehr bestimmt er in Abs. 4 S. 2, dass der Endbetrag des ehemaligen EK 02 auf den Schluss des letzten vor dem 1.1.2007 endenden Besteuerungszeitraums zu ermitteln ist. Dies ist der Schluss des Wirtschaftsjahrs, das mit oder vor dem Beginn der Liquidation endet (zu Einzelheiten des Besteuerungszeitraums in diesen Fällen vgl. § 11 Rz. 19ff.). Auf diesen Zeitpunkt ist damit auch der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach Abs. 5 zu ermitteln. Diese Verbindlichkeit, die ebenfalls am 1.1.2007 entsteht, ist dann in der Liquidation zu berücksichtigen. Folge dieser Regelung ist, dass Auskehrungen während des Liquidationsverfahrens keine Körperschaftsteuererhöhung nach Abs. 2 hervorrufen, vielmehr wird die Körperschaftsteuererhöhung für den ganzen Liquidationszeitraum mit dem niedrigeren Satz von 3 % nach Abs. 5 ermittelt (vgl. Rz. 61).
Die Körperschaft kann nach Abs. 4 S. 3 beantragen, dass der nach § 11 Abs. 1 S. 2 KStG über den 31.12.2006 hinausreichende Liquidationszeitraum mit Ablauf des 31.12.2006 endet. Die Körperschaft muss dann auf den 31.12.2006 eine Gewinnermittlungsbilanz aufstellen und für den Zeitraum bis zum 31.12.2006 eine KSt-Erklärung abgeben. In diesem Fall sind der Bestand des ehemaligen EK 02 und der KSt-Erhöhungsbetrag auf diesen Stichtag zu ermitteln. Folge ist, dass Liquidationsauskehrungen, die zwischen dem letzten vor dem Beginn der Liquidation endenden Wirtschaftsjahr und dem 31.12.2006 vorgenommen wurden (abgeflossenen sind), noch die KSt-Erhöhung nach Abs. 2 hervorrufen.
Rz. 66a
Auch im Fall der Liquidation beträgt die KSt-Verbindlichkeit 3 % des auf den maßgeblichen Zeitpunkt festgestellten ehemaligen EK 02. Maßgeblicher Zeitpunkt ist im Fall der vor dem 1.1.2007 begonnenen, aber über den 31.12.2006 hinausreichenden Liquidation der Schluss des letzten vor dem 1.1.2007 endenden Besteuerungszeitraums bzw. bei Stellen des Antrags nach Abs. 4 S. 3 der 31.12.2006.
Rz. 66b
Da die Regelungen zur Liquidation nach § 11 Abs. 7 KStG entsprechend für ein Insolvenzverfahren gelten, ist Abs. 4 S. 2, 3 auch im Insolvenz...