Rz. 317
Eine offene Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stellt eine Einlage i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG dar, die mit dem Teilwert zu bewerten ist. Dieser Grundsatz gilt auch für verdeckte Einlagen. Das gilt, obwohl bei Einlagen in Kapitalgesellschaften, anders als in den einkommensteuerlich relevanten Fällen, Einlegender und Empfänger der Einlage verschiedene Personen sind. Die Bewertung mit dem Teilwert gilt auch für Einlagen nicht (voll) werthaltiger Wirtschaftsgüter, z. B. von Forderungen. Einlage ist nur der werthaltige Teil; hinsichtlich des nicht werthaltigen Teils liegt keine Zuführung von Vermögen vor.
Rz. 317a
Für Einlagen in eine Kapitalgesellschaft gelten nach § 8 Abs. 1 KStG auch die Regeln des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a – c EStG. Das ist grundsätzlich unabhängig davon, ob der einlegende Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft ist. Danach sind Wirtschaftsgüter, die innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren vor ihrer Einlage angeschafft oder hergestellt worden sind, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Diese Regelung gilt jedoch nur für Einlagen aus dem Privatvermögen des Gesellschafters, da vermieden werden soll, dass der Gesellschafter stille Reserven steuerfrei im Privatvermögen realisiert und etwaige Abschreibungen in das Betriebsvermögen verlagert. Ist der einlegende Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft oder handelt er im Rahmen eines Betriebsvermögens, erfolgt die Einlage immer aus dem Betriebsvermögen dieses Gesellschafters. Für diese Fälle gilt nicht § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG, sondern § 6 Abs. 6 S. 2, 3 EStG. Da der verdeckten Einlage aus einem Betriebsvermögen grundsätzlich eine Entnahme aus diesem Betriebsvermögen vorausgeht, ist die Einlage bei dem einlegenden Gesellschafter daher grds. mit dem Teilwert zu bewerten, sodass es zu einer Versteuerung der stillen Reserven bei ihm kommt. Das eingelegte Wirtschaftsgut bei der aufnehmenden Körperschaft ebenfalls grds. mit dem Teilwert zu bewerten, da die Bewertung mit den Anschaffungskosten zu einer doppelten Besteuerung führen würde.
Erfolgt die Einlage aus einem Betriebsvermögen in eine ausländische Kapitalgesellschaft, gelten im Grundsatz dieselben Maßstäbe. Eine verdeckte Einlage ist auch in eine Auslandskörperschaft möglich. § 4 Abs. 1 S. 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG überlagern nicht das System der verdeckten Einlage, da sie nur auf betrieblich veranlasste Vorgänge Anwendung finden sollen, die verdeckte Einlage aber ein gesellschaftsrechtlich veranlasster Vorgang ist. Jedoch kann § 1 AStG neben das System der verdeckten Einlage treten, was letztlich auch § 1 Abs. 1 S. 4 AStG zeigt. Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs hat die verdeckte Einlage dann grundsätzlichen Vorrang vor der Einkünfteberichtigung nach § 1 Abs. 1 AStG, wobei § 1 AStG weitergehende Korrekturen neben der verdeckten Einlage erlaubt (sog. Idealkonkurrenz). Ein eigenständiger Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AStG wird insbesondere dort relevant, wo verdeckte Einlagen tatbestandlich nicht erfüllt sind, z. B. bei Darlehen ohne Zinsvereinbarung. Zur Bewertung, wenn der Teilwert unter den Anschaffungskosten liegt, Rz. 321.
Rz. 317b
Für die Fälle des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. b und c EStG ist eine teleologische Reduktion auch bei natürlichen Personen als Einlegenden erforderlich, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Legt der Gesellschafter eine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG in die Gesellschaft ein, gilt dies nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG als Veräußerung zum gemeinen Wert. Da die stillen Reserven dadurch bei dem Einlegenden versteuert worden sind, würde die Bewertung bei der empfangenden Kapitalgesellschaft mit den Anschaffungskosten zur doppelten Versteuerung der stillen Reserven führen. Die Einlage ist bei der Körperschaft daher entgegen § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG mit dem Teilwert zu bewerten. Gleiches gilt entgegen § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. c EStG für die in § 20 Abs. 2 EStG genannten Wirtschaftsgüter, deren verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 S. 2 EStG als Veräußerung zum gemeinen Wert gilt, sowie bezogen auf § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG für Wirtschaftsgüter, deren Einlage bei dem Einlegenden nach § 23 Abs. 1 S. 1 EStG (über § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 EStG) zur Versteuerung der stillen Reserven führt.
Rz. 318
Eine Ausnahme von der Bewertung der Einlage mit dem Teilwert besteht bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gem. § 20 UmwStG, soweit dessen Anwendungsbereich wegen des Erfordernisses der Gewährung neuer Anteile (§ 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG) bei der verdeckten Einlage überhaupt eröffnet ist. In diesen Fällen wird der Einlagewert durch das Bewertungswahlrecht der Kapitalgesellschaft (Buchwertfortführung, Zwischenwertansatz, Vollaufstockung) bestimmt.
Hingegen wird in Fällen des § ...