Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 16
Der sachliche Regelungsbereich des § 4 SteuerHBekV wird umschrieben als "Vorgänge i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e S. 1 KStG". Damit ist die Vorschrift anwendbar, "wenn außerhalb des Geltungsbereichs ansässige Beteiligte oder andere Personen nicht wie inländische Beteiligte bei Vorgängen innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts herangezogen werden können" (zu den Begriffen "Beteiligte und andere Personen", die den persönlichen Geltungsbereich der Vorschrift umreißen, Rz. 4ff.).
Rz. 17
Unklar und durch Auslegung kaum zu ermitteln ist, welche "Vorgänge" damit gemeint sind. Da es um die Anwendung des § 8b Abs. 1, 2 KStG bzw. des internationalen Schachtelprivilegs geht, können "Vorgänge" nur die Gewinnausschüttung und die Veräußerung der Beteiligung sein. Unklar ist vor allem, welcher Sachverhalt in Beziehung zu diesen Vorgängen aufklärungsbedürftig sein könnte. Wenn die inländische Muttergesellschaft Gewinnausschüttungen erhält, wäre der einzige im Ausland aufklärungsbedürftige Vorgang der Gewinnausschüttungsbeschluss der Tochtergesellschaft; da aber die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG nicht von der Ordnungsmäßigkeit dieses Gewinnausschüttungsbeschlusses abhängt, kann keine Aufklärungsbedürftigkeit im inländischen Steuerinteresse bestehen.
Rz. 18
Wegen des Zusammenhangs mit der Dokumentation der Verrechnungspreise (Rz. 23) könnte man daran denken, dass Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Gewinns der ausländischen Tochtergesellschaft besteht. Da aber § 8b Abs. 1 KStG bzw. das internationale Schachtelprivileg eine Ausschüttung voraussetzt, und nicht gesagt ist, dass jeder Gewinn auch ausgeschüttet wird, ist auch insoweit ein Aufklärungsbedürfnis im Hinblick auf § 8b Abs. 1 KStG nicht gegeben. Gleiches gilt für die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG. Es ist unerfindlich, was aufklärungsbedürftig sein soll, wenn die Muttergesellschaft die Beteiligung an der ausländischen Tochtergesellschaft veräußert. Im Übrigen könnte ein etwaiger Aufklärungsbedarf durch Anfragen bei der inländischen Muttergesellschaft befriedigt werden.
Rz. 19
Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 4 SteuerHBekV ist, dass ausländische Beteiligte oder andere Personen nicht wie inländische Beteiligte bei Vorgängen innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts herangezogen werden können. Diese Voraussetzung ist immer gegeben. Inländische Beteiligte unterliegen der Auskunftspflicht des § 90 AO und können unmittelbar durch die Finanzbehörde zur Auskunft herangezogen werden, wobei die Erteilung der Auskünfte nach den §§ 328ff. AO erzwungen werden kann. Bewusst unrichtige oder unvollständige Auskünfte können den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO erfüllen. Befinden sich die Auskunftspersonen im Ausland, kann die Finanzbehörde keine unmittelbare Auskunft erlangen, sondern muss den (langwierigen und umständlichen) Weg eines Auskunftsersuchens einschlagen. Ebenso ist keine direkte Auferlegung von Zwangsmitteln möglich, die Auskunftspflichtigen sind auch nicht für eine Verfolgung wegen Steuerhinterziehung greifbar. Damit ist es allein durch die Ansässigkeit im Ausland ausgeschlossen, dass diese Personen in gleicher Weise wie Inländer zur Ermittlung des Sachverhalts herangezogen werden können. Dies gilt umso mehr, als das Gesetz nicht eine "gleichartige" Weise genügen lässt, sondern eine "gleiche Weise" verlangt.