Prof. Dr. Gerrit Frotscher
3.2.1 Allgemeine Voraussetzungen
Rz. 20
Der Gesetzgeber geht davon aus, daß eine steuerneutrale Spaltung rechtspolitisch nur gerechtfertigt ist, wenn die Spaltung der Fortsetzung des unternehmerischen Engagements in anderer Form dient. Nicht begünstigt ist also grundsätzlich die Spaltung als Vorbereitung zur Aufgabe des unternehmerischen Engagements. Die Steuerneutralität der Spaltung setzt daher voraus, daß sowohl übergehendes als auch verbleibendes Vermögen einen Teilbetrieb bilden, weil unternehmerisches Engagement nur in einem Betrieb bzw. Teilbetrieb verwirklicht werden kann, und daß kein Gesellschafterwechsel eintritt, also die Spaltung nicht der Veräußerung dient.
Auffällig ist bei dieser Regelung, daß keine Einschränkung hinsichtlich einer Liquidation besteht. Eine Spaltung zur Vorbereitung der Liquidation ist also steuerbegünstigt, obwohl auch bei ihr das unternehmerische Engagement nicht fortgesetzt wird.
Insgesamt enthält § 15 im wesentlichen Einschränkungen der Spaltungsmöglichkeit, während die Voraussetzungen der Spaltung durch Verweis auf §§ 11ff. geregelt werden.
Rz. 21
§ 15 i. V. m. § 11 Abs. 1 geht von dem Grundsatz aus, daß die Vermögensübertragung im Wege der Spaltung zu den Buchwerten der übertragenden Körperschaft möglich ist, d. h. also gewinn- und steuerneutral. Statt dessen kann ein höherer Wertansatz gewählt werden (zur Ausübung dieses Wahlrechts vgl. Rz. 57). Die Spaltung zu Buchwerten ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sind die übergegangenen Wirtschaftsgüter bei der übertragenden Körperschaft und, wegen der Wertverknüpfung, dann auch bei der übernehmenden Körperschaft, mit dem Wert der Gegenleistung bzw. dem Teilwert anzusetzen (vgl. § 15 i. V. m. § 11 Abs. 1; hierzu Rz. 60).
Rz. 22
Voraussetzung für die Spaltung zu Buchwerten und damit für die gewinneutrale Spaltung ist nach § 15 i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, daß
- sichergestellt ist, daß die in dem übergegangenen Vermögen enthaltenen stillen Reserven bei der übernehmenden Körperschaft der Körperschaftsteuer unterliegen. In der Regel ist dies durch die Wertverknüpfung sichergestellt. Dieses Merkmal ist nur dann nicht erfüllt, wenn und soweit Vermögensgegenstände im Ausland belegen sind und bei der übertragenden Körperschaft im Inland der Besteuerung unterlagen, da sie keine Betriebsstätte bildeten, bei der übernehmenden Körperschaft aber zu einer nach DBA von der deutschen Besteuerung ausgeschlossenen Betriebsstätte gehören. Ausgeschlossen ist die steuerfreie Spaltung auch, wenn die übernehmende Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit ist und das übergehende Vermögen bei ihr keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet (Einzelheiten zur Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven vgl. § 11 Rz. 26ff.).
- den Anteilseignern der übertragenden Körperschaft eine Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht. Schädlich ist daher jede Gegenleistung (Spitzenausgleich) in Geld oder Sachwerten. Wird eine solche Gegenleistung gewährt, tritt Steuerpflicht ein, soweit diese Gegenleistung gewährt wird; im übrigen bleibt die Steuerfreiheit erhalten. Bei der Spaltung wird regelmäßig der Fall vorliegen, daß als Gegenleistung Gesellschaftsrechte an der übernehmenden Körperschaft gewährt werden; anders als bei der Verschmelzung wird es kaum vorkommen, daß keine Gegenleistung gewährt wird (Einzelheiten zu diesem Merkmal vgl. § 11 Rz. 35ff.).
3.2.2 Einschränkungen der Spaltungsmöglichkeit
3.2.2.1 Teilbetriebsvoraussetzung
Rz. 23
Die Anwendung des § 15 setzt voraus, daß auf die übernehmende oder die übernehmenden Körperschaften jeweils ein Teilbetrieb übertragen wird. Bei der Abspaltung oder der Teilübertragung muß auch der bei der übertragenden Körperschaft verbleibende Vermögensteil einen Teilbetrieb bilden. Die Teilbetriebseigenschaft muß im Zeitpunkt des Spaltungsbeschlusses bestehen; ein Teilbetrieb im Aufbau zu diesem Zeitpunkt genügt.
Mit dieser Regelung bleibt das Steuerrecht erheblich hinter dem Handelsrecht zurück, das keinerlei Anforderungen an die Qualifizierung der übertragenen oder verbleibenden Vermögensgegenstände stellt. Gerechtfertigt wird diese einengende Voraussetzung damit, daß steuerlich nur die Fortsetzung des betrieblichen Engagements begünstigt werden soll; das ist bei Übertragung nur einzelner Wirtschaftsgüter nicht der Fall.
Der Grund für diese Regelung liegt darin, daß der im Steuerrecht geltende Grundsatz der Versteuerung der stillen Reserven bei entgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern nicht zu sehr eingeschränkt werden soll. Das Handelsrecht gewährt mit seiner Regelung, wonach für die im Wege der Spaltung zu übertragenden Wirtschaftsgüter keine Qualifizierung vorausgesetzt wird, im Ergebnis dem Rechtsträger ein Wahlrecht, ob ein Wirtschaftsgut durch Einzelrechtsnachfolge (Veräußerung) oder Sonderrechtsnachfolge (Spaltung) übertragen werden soll. Dem ist das Steuerrecht nicht gefolgt, weil befürchtet wurde, daß sonst die Einzelveräußerung unter Gew...