Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 15
Ein Übertragungsgewinn auf der Ebene der übertragenden Kapitalgesellschaft gehört zu deren steuerpflichtigem Gewerbeertrag, vorausgesetzt, dass die Übertragerin gewerbesteuerpflichtig ist. Da die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG als Gewerbebetrieb gilt, unterliegen bei ihr auch Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von (Teil-)Betrieben — anders als bei Personenunternehmen und Einzelgewerbetreibenden — der Gewerbesteuer.
Rz. 16
Das Gleiche gilt nach § 7 Satz 2 GewStG, wenn die Quelle eines Übertragungsgewinns nicht die übertragende Kapitalgesellschaft selbst, sondern eine Personengesellschaft ist, an der die Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin beteiligt ist. Nur wenn der Übertragungsgewinn auf stille Reserven in einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft zurückzuführen ist, bleibt dieser nach § 8b Abs. 2 KStG sowohl bei der Körperschaft- als auch bei der Gewerbesteuer steuerfrei.
Rz. 17
Ein Übertragungsgewinn, der der Gewerbesteuer unterliegt, entsteht bei der Übertragerin, sofern sie in Ausübung ihres in § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in Bezug genommenen Wahlrechts nach § 3 UmwStG in ihrer steuerlichen Schlussbilanz nicht die Beibehaltung der Buchwerte, sondern eine Aufdeckung stiller Reserven durch eine Aufstockung der Werte bis zur Höhe der Teilwerte wählt. Auf diese Weise einen Übertragungsgewinn entstehen zu lassen, empfiehlt sich, wenn die übertragende Kapitalgesellschaft über einen nach § 10a GewStG vortragsfähigen Fehlbetrag verfügt, den sie mit dem Übertragungsgewinn verrechnen kann, der aber von der Übernehmerin mangels Unternehmeridentität nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht geltend gemacht werden kann (vgl. Rz. 22).
Rz. 18
Sonst ist es für die Übertragerin im Allgemeinen sinnvoll, die Buchwerte beizubehalten, um die Entstehung eines Übertragungsgewinns und damit eine Belastung mit Gewerbesteuer zu vermeiden. Wegen dieser Gestaltungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber das in § 18 Abs. 4 UmwStG 1977 noch enthaltene Recht auf Stundung der auf den Übertragungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer nicht in § 18 UmwStG übernommen.
Rz. 19
Das Bewertungswahlrecht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 3 UmwStG ist nur dann auch bei der Gewerbesteuer unanwendbar, wenn das übergehende Vermögen kein Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers wird und infolgedessen die Besteuerung der stillen Reserven nicht sicher gestellt ist (vgl. Rz. 32; § 3 Rz. 2; zu den Fällen einer übernehmenden Personengesellschaft ohne Betriebsvermögen vgl. § 8 Rz. 5ff. zum Übergang auf eine Schein-Personenhandelsgesellschaft und § 14 Rz. 14ff. zum Formwechsel einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft). In diesen Fällen muss die übertragende Kapitalgesellschaft die übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer Schlussbilanz mit dem gemeinen Wert ansetzen und infolgedessen alle stillen Reserven aufdecken und der Gewerbesteuer unterwerfen.
Rz. 20
Das Bewertungswahlrecht kommt jedoch zum Zuge, wenn das übertragene Vermögen zwar Betriebsvermögen der Übernehmerin wird, diese aber nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Beispielsweise wird eine Kapitalgesellschaft auf einen Freiberufler umgewandelt, der nicht gewerbesteuerpflichtig ist. Die Einkommensbesteuerung der stillen Reserven ist dann zwar im Betriebsvermögen des Freiberuflers sichergestellt; die stillen Reserven gehen jedoch für die Gewerbesteuer endgültig verloren.
Rz. 21
Die durch einen Übertragungsgewinn ausgelöste Gewerbesteuerschuld der übertragenden Kapitalgesellschaft geht auf die Übernehmerin als Gesamtschuldnerin nach § 5 Abs. 2 GewStG i. V. m. § 45 AO entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG über. Die Übernehmerin bildet für sie eine Rückstellung.