Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 95
Nach dem — allerdings inzwischen durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000 geänderten — § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG unterlag der Veräußerungsgewinn i. S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 UmwStG bei einer natürlichen Person dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG. Die Streichung wirkt sich auf Einbringungen nach dem 31.12.2000 aus. Sie ist damit begründet worden, dass der Veräußerungsgewinn künftig vom Halbeinkünfteverfahren erfasst wird. Dies trifft jedoch nur teilweise zu.
Rz. 95a
Trotz der Änderung von § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG gilt der Veräußerungsgewinn nach Abs. 1 Satz 1 als ein solcher i. S. von § 16 EStG. Er gehört aufgrund dessen bei natürlichen Personen zu den außerordentlichen Einkünften i. S. von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG und berechtigt damit zu der Inanspruchnahme der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG und gegebenenfalls des halben durchschnittlichen Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG. Allerdings muss hinzukommen, dass stille Reserven zusammengeballt aufgedeckt werden. Eine natürliche Person muss daher alle einbringungsgeborenen Anteile veräußern. Die Veräußerung eines Teils hiervon reicht nicht für die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 1 und 3 EStG aus. Diese Steuervergünstigungen kommen bei einbringungsgeborenen Anteilen dann zum Zuge, wenn sie innerhalb der siebenjährigen Behaltefrist des § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG veräußert werden, sodass kein Raum für das Halbeinkünfteverfahren ist. Die Steuervergünstigungen des § 34 EStG können auch für Gewinne aufgrund der Ersatzrealisierungstatbestände des § 21 Abs. 2 UmwStG beansprucht werden. Denn diese Vorgänge werden mangels einer Veräußerung nicht vom Halbeinkünfteverfahren erfasst.
Rz. 95b
Ist das Halbeinkünfteverfahren nach Ablauf der siebenjährigen Behaltefrist anwendbar, bleibt der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG zur Hälfte steuerfrei. Die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Anschaffungs- und Veräußerungskosten können nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte abgezogen werden.
Rz. 96
Ein Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile, die gegen Einbringung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft aus einem Betriebsvermögen erworben worden sind (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 und § 23 Abs. 4 UmwStG), ist nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nur dann steuerbegünstigt, wenn der Anteilsinhaber bei dem vorausgegangenen Anteilstausch sämtliche Anteile an der Kapitalgesellschaft eingebracht hat. Diese Regelung, die § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG entspricht, gilt erstmals für Einlagen nach dem 31.12.1991. Unklar ist, was unter den Worten „alle Anteile der Kapitalgesellschaft” zu verstehen ist. Damit dürfte eine hundertprozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gemeint sein, auch wenn dabei nicht die Formulierung „Beteiligung ..., die ... das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst” aus § 20 Abs. 5 Satz 4 UmwStG übernommen worden ist. Nur die Einlage einer solchen Beteiligung ist nach § 20 Abs. 5 Satz 4 UmwStG beim Ansatz des Teilwerts steuerbegünstigt nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG. Hieran knüpft § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nach der amtlichen Begründung an. Danach soll der Veräußerer einbringungsgeborener Anteile weder besser noch schlechter gestellt werden, als wenn er bei der ursprünglichen Einbringung einen Veräußerungsgewinn versteuert hätte. Bei der Einlage eines (Teil-)Betriebs werden nicht so hohe Anforderungen gestellt: Hier wird nur verlangt, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eingebracht worden sind (vgl. § 20 Rz. 53ff.).
Rz. 97
Die Tarifermäßigung wird nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG für den Veräußerungsgewinn gewährt, der sich aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis abzüglich der Veräußerungskosten und den Anschaffungskosten i. S. von § 20 Abs. 4 UmwStG ergibt. Demgemäß kommt bei der Veräußerung von Anteilen im Betriebsvermögen die Tarifermäßigung insoweit nicht zur Anwendung, als der Buchwert der Anteile — etwa infolge einer Teilwertabschreibung — unter den Anschaffungskosten i. S. von § 20 Abs. 4 UmwStG liegt (vgl. Rz. 68a). Dennoch kann ein Steuerpflichtiger auch in einem solchen Fall in den vollen Genuss der Tarifermäßigung gelangen, wenn er die stillen Reserven einbringungsgeborener Anteile im Rahmen der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 1 EStG realisiert, zu dem auch die einbringungsgeborenen Anteile gehören.
Rz. 98
Die Tarifermäßigung ist auch dann anwendbar, wenn nur ein Teil der stillen Reserven nach § 21 Abs. 2 UmwStG realisiert wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Verwirklichung der stillen Reserven innerhalb von sechs Monaten nach der Sacheinlage in die Kapitalgesellschaft eintritt; denn § 21 UmwStG geht den § 22 Nr. 2, § 23 EStG vor.
Rz. 99
Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG wird nicht gewährt, wenn der Steuerpflichtige auf den Veräußerungsgewinn ganz oder teilweise die Möglichkeit zur Übertragung stiller Reserven nach § 6b oder § 6c EStG anwendet (§ 34 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Die Tarifermäßigung hän...