Rz. 100

Für einen Veräußerungsgewinn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG kann der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG bei Vollendung des 55. Lebensjahres oder dauernder Berufsunfähigkeit bis zu 51.200 EUR nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG in Anspruch genommen werden. Der Steuerpflichtige erhält den Freibetrag nur einmal. Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 154.000 EUR übersteigt.

 

Rz. 101

Der Freibetrag nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 16 Abs. 4 EStG soll nach Auffassung von Widmann/Mayer (§ 21 UmwStG, Rdn. 347.6) auch Kapitalgesellschaften zustehen. Dem kann nicht gefolgt werden. Allerdings stellt § 16 Abs. 4 EStG eine sachliche Steuerbefreiung dar[1]. Jedoch kann eine Kapitalgesellschaft nicht die Tatbestandsvoraussetzungen von § 16 Abs. 4 EStG erfüllen, nämlich eine Vollendung des 55. Lebensjahres oder eine dauernde Berufsunfähigkeit.

 

Rz. 102

einstweilen frei

 

Rz. 103

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wird nicht nur gewährt, wenn die einbrin­gungsgeborenen Anteile gegen die Einlage eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils erworben worden waren, sondern auch dann, wenn der Inhaber die einbringungsgeborenen Anteile gegen Hingabe seiner sämtlichen Anteile an einer ­Kapitalgesellschaft erhalten hatte (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG; Rz. 96).

 

Rz. 104

einstweilen frei

 

Rz. 105

Auch wenn einbringungsgeborene Anteile zu einem Betriebsvermögen gehören, ist der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG nach dem klaren Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 1 EStG zu gewähren. Wenn jedoch der gesamte Betrieb einschließlich der zum Betriebsvermögen gehörenden einbringungsgeborenen Anteile veräußert wird, mit der Folge, dass § 16 Abs. 4 EStG unmittelbar anwendbar ist, so verdrängt diese Vorschrift insoweit den § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, sodass der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG nicht zweimal gewährt wird[2].

 

Rz. 106

Ob der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sich entsprechend ermäßigt, wenn nicht ein Betrieb, sondern nur ein Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, ist umstritten, nachdem der dies bestimmende § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG durch das Jahressteuergesetz 1996 v. 11.10.1995[3] gestrichen worden ist, ebenso auch die entsprechende Regelung in § 16 Abs. 4 EStG. Wie der jetzige § 16 Abs. 4 EStG und im Anschluss hieran § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auszulegen sind, dafür bieten die Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte. Sagasser/Jacobs [4] meinen, an der anteilsmäßigen Ermäßigung des Freibetrags im Fall der Einlage eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils habe sich infolge der Gesetzesänderung nichts geändert. Dem kann nicht gefolgt werden. Der neue § 16 Abs. 4 EStG bietet für eine anteilsmäßige Ermäßigung des Freibetrags keinen Raum mehr. Nach seinem Wortlaut ist es unerheblich, ob Gegenstand der Veräußerung ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil ist. Der Freibetrag ist nicht mehr betriebs-, sondern personenbezogen [5]. Voraussetzung für seine Gewährung ist nur noch, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist. Eine natürliche Person erhält den Freibetrag nur einmal in ihrem Leben, dann aber stets in voller Höhe[6]. Für diese Auslegung i. S. einer Gesetzesänderung spricht auch, dass der Gesetzgeber eine zeitliche Anwendungsregelung mit § 27 Abs. 3 UmwStG geschaffen hat, wonach § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG a. F. für Einbringungen nach dem 31.12.1995 entfällt.

[2] Vgl. Widmann/Mayer, § 21 UmwStG, Rdn. 347.18.
[3] BGBl I 1995, 1250.
[4] DStR 1995, 1696, 1698.
[5] So Schulze zur Wiesche, DB 1995, 2441, 2442.
[6] Vgl. Schmidt, EStG, 21. Aufl. 2002, § 16 Rdn. 581.

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