Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 15
Aufgrund der alleinigen Verweisung auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG in § 22 Abs. 2 UmwStG ist die aufnehmende Kapitalgesellschaft im Falle des Ansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens mit einem Zwischenwert nur insoweit Rechtsnachfolgerin des Einbringenden, als dieser bestimmte Besteuerungstatbestände bereits vorher verwirklicht hatte und daraus für die Zeit nach der Einbringung steuerliche Konsequenzen zu ziehen sind. Über die in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG genannten Merkmale hinaus tritt die aufnehmende Kapitalgesellschaft nicht in die Rechtsstellung des Einbringenden ein.
Rz. 16
Erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Bewertungsfreiheiten und gewinnmindernde Rücklagen setzt die aufnehmende Kapitalgesellschaft — ungeachtet der Wahl eines Zwischenwerts für das eingebrachte Betriebsvermögen — unverändert fort. Dies folgt aus der uneingeschränkten Verweisung von § 22 Abs. 2 auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG.
Rz. 17
Von dem Einbringenden begonnene lineare AfA setzt die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach Maßgabe des — recht umständlichen — Verfahrens nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG fort: Sie rechnet zu den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Aufstockungsbetrag, d. h. den Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem Zwischenwert, hinzu und wendet hierauf den bisherigen AfA-Satz nach Maßgabe von § 7 Abs. 1, 4, 5 und 6 EStG an. Damit verlängert sich infolge eines Zwischenwertes die Abschreibungsdauer, wie folgendes Beispiel veranschaulicht:
Rz. 18
Beispiel
Der Einbringende hat im 1. Halbjahr 1990 eine Maschine für 10.000 DM angeschafft und entsprechend einer zehnjährigen Nutzungsdauer abgeschrieben. Am 1.1.1992 hat er seinen Betrieb in eine GmbH gegen Gewährung neuer Anteile eingebracht. Die GmbH hat die Maschine mit einem Zwischenwert von 10.000 DM auf den 1.1.1992 angesetzt. Die AfA berechnen sich wie folgt:
Anschaffungskosten |
10.000 |
— AfA 1990 1/10 von 10.000 |
|
1.000 |
Buchwert 31.12.1990 |
9.000 |
— AfA 1991 |
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1.000 |
Buchwert 31.12.1991 |
8.000 |
AfA-Bemessungsgrundlage ab 1.1.1992 ursprüngliche Anschaffungskosten |
10.000 |
|
Aufstockungsbetrag |
2.000 |
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12.000 |
12.000 |
künftige AfA hierauf 1/10 von 12.000 |
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1.200 |
Zwischenwert 1.1.1992 |
10.000 |
— AfA 1992 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1992 |
8.800 |
— AfA 1993 |
|
1.200 |
Buchwert 31.12.1993 |
7.600 |
— AfA 1994 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1994 |
6.400 |
— AfA 1995 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1995 |
5.200 |
— AfA 1996 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1996 |
4.000 |
— AfA 1997 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1997 |
2.800 |
— AfA 1998 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1998 |
1.600 |
— AfA 1999 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.1999 |
400 |
— AfA 2000 |
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1.200 |
Buchwert 31.12.2000 |
0 |
Rz. 19
Durch die Wahl eines Zwischenwerts hat sich der Abschreibungszeitraum von 10 auf 11 Jahre verlängert. Diese Bemessung der AfA erscheint als ein umständiches Verfahren. Wollte man aber den Vorgang der Sacheinlage zu Zwischenwerten als ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft — wie im Falle einer teilentgeltlichen Betriebsübertragung — mit dem Teilentgelt als Anschaffungskosten und einer neuen geschätzten Restnutzungsdauer behandeln, so würde nicht nur § 22 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG überflüssig werden, sondern dies würde auch dem Grundsatz widersprechen, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft in die vom Einbringenden begonnene Abschreibung eintritt.
Rz. 20
Wenn der Einbringende ein Wirtschaftsgut degressiv nach § 7 Abs. 2 EStG abgeschrieben hat, so führt die aufnehmende Kapitalgesellschaft diese AfA-Methode grundsätzlich fort, wenn sie nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 1 EStG zur linearen AfA übergehen will. Bemessungsgrundlage der degressiven AfA ist vom Zeitpunkt der Einbringung an nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG der von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Zwischenwert. Es empfiehlt sich für die Kapitalgesellschaft ein Übergang von der degressiven zur linearen AfA, wenn die verbleibende Restnutzungsdauer nur noch kurz ist.
Rz. 21
Vom Einbringenden gewählte Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 5 EStG kann die aufnehmende Kapitalgesellschaft trotz Ansatzes mit einem Zwischenwert fortsetzen. Dies folgt aus der Verweisung auf § 7 Abs. 5 EStG in § 22 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft wird hinsichtlich der AfA-Berechtigung einem unentgeltlichen Erwerber i.S. von § 11d Abs. 1 EStDV gleichgestellt.