Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 9
Während § 20 UmwStG Sacheinlagen im Inland in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft betrifft, regelt § 23 UmwStG grenzüberschreitende Sacheinlagen. § 23 UmwStG ist nach den unterschiedlichen in Betracht kommenden Einbringungsfällen in vier Grundtatbestände gegliedert: Während es in den Abs. 1 bis 3 um die Einbringung von Unternehmensteilen geht, hat Abs. 4 den Anteilstausch über die Grenze zum Gegenstand.
Rz. 10
§ 23 Abs. 1 regelt die Einbringung eines (Teil-)Betriebs durch eine inländische Kapitalgesellschaft in eine inländische Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft. Die Praxis dürfte von dieser Bestimmung infolge der damit verbundenen steuerlichen Nachteile kaum Gebrauch machen. Denn die übernehmende Kapitalgesellschaft kommt als Steuerausländerin für das Ergebnis des eingebrachten (Teil-)Betriebs nicht in den Genuß der Körperschaftsteueranrechnung.
Rz. 11
§ 23 Abs. 2 UmwStG befaßt sich mit der Einbringung einer inländischen Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft in eine inländische Kapitalgesellschaft oder in die Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen EU-Kapitalgesellschaft. Die Einbringung einer inländischen Betriebsstätte einer ausländischen Kapitalgesellschaft in eine inländische Tochtergesellschaft verringert die Körperschaftsteuerbelastung von 40 % nach § 23 Abs. 1 KStG auf die Ausschüttungsbelastung von 30 % nach § 27 Abs. 1 KStG. Die Tochtergesellschaft kann das erstmals in der Eröffnungsbilanz auszuweisende Eigenkapital in das EK 04 nach § 30 Abs. 3 KStG einstellen.
Rz. 12
In § 23 Abs. 3 UmwStG geht es um die Einlage einer einer inländischen Kapitalgesellschaft gehörenden ausländischen Betriebsstätte in einem anderen EU-Mitgliedstaat in eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft. Mit Hilfe dieser Regelung läßt sich beispielsweise eine in Frankreich belegene Betriebsstätte einer deutschen Kapitalgesellschaft in eine in Frankreich ansässige Tochterkapitalgesellschaft umwandeln. Die deutsche Muttergesellschaft gelangt nunmehr in den Genuß des Schachtelprivilegs nach § 26 Abs. 2 KStG für die von der französischen Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne.
Rz. 13
§ 23 Abs. 4 UmwStG schließlich betrifft den Anteilstausch über die Grenze zwischen zwei EU-Kapitalgesellschaften. Zu diesem Zweck überträgt der oder die Einbringende mehrheitsverschaffende Anteile i. S. von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (vgl. § 20 Rz. 62 ff.) auf eine EU-Kapitalgesellschaft. Dieser Tatbestand der unechten Fusion besitzt die größte praktische Bedeutung der in § 23 UmwStG geregelten vier Grundtatbestände. Er ist der Ersatztatbestand für eine bisher nicht mögliche grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften.
Rz. 14
Eine steuerneutrale grenzüberschreitende Verschmelzung oder Spaltung von Kapitalgesellschaften ist in § 23 UmwStG nicht vorgesehen. Hierzu fehlt es an den handelsrechtlichen Grundlagen. Der Entwurf einer handelsrechtlichen Fusionsrichtlinie v. 14.1.1985 ist bisher noch nicht verabschiedet worden.