Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 41
Ein Übernahmegewinn erhöht sich und ein Übernahmeverlust vermindert sich nach § 4 Abs. 5 UmwStG um einen Sperrbetrag i.S. von § 50c EStG, soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft von einem nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner (vgl. § 50c Abs. 1 EStG) oder von einem Anrechnungsberechtigten stammen, der sie nicht steuerbar veräußern konnte (vgl. § 50c Abs. 11 EStG). Hinzukommen muss, dass die Anteile am steuerlichen Übertragungsstichtag zum Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gehören.
Rz. 42
Zweck des Sperrbetrages nach § 50c EStG war es zu verhindern, dass Nichtkörperschaftsteueranrechnungsberechtigte in den Genuss von Körperschaftsteuerguthaben gelangen konnten oder nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter, deren Beteiligung nicht der Steuerverstrickung nach § 17 EStG unterliegt, steuerpflichtige Kapitalerträge in steuerfreie Veräußerungsgewinne umwandeln konnten. Dadurch sollte eine Einmalbesteuerung von Beteiligungserträgen sicher gestellt werden. Zwar konnte ein nichtanrechnungsberechtigter Veräußerer die körperschaftsteuerliche Definitivbelastung vermeiden; § 50c EStG versagte es jedoch dem Erwerber, eine Besteuerung der Gewinnausschüttungen durch eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zu umgehen. Das Gleiche gilt für den Erwerber einer nicht nach § 17 EStG steuerverstrickten Beteiligung von einem anrechnungsberechtigten Veräußerer. Der Erwerber wird daher infolge seiner Steuerbelastung nicht bereit sein, mit seinem Kaufpreis auch das Körperschaftsteuerguthaben zu vergüten.
Rz. 43
§ 50c EStG ist durch die Umstellung des Körperschaftsteuersystems vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren überflüssig geworden und durch Art. 1 Nr. 36 des Steuersenkungsgesetzes aufgehoben worden. Jedoch ist § 50c EStG nach § 52 Abs. 29 EStG n. F. weiter anzuwenden, "wenn für die Anteile vor Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres, für das das KStG in der (Neu-)Fassung erstmals anzuwenden ist, ein Sperrbetrag zu bilden war". Ein Sperrbetrag kann daher letztmalig 2001 bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr oder bis zum Ende des abweichenden Wirtschaftsjahrs 2001/2002 entstehen. Bereits entstandene Sperrbeträge bleiben bis zum Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist bestehen. Solange sichert der Sperrbetrag noch die Einmalbelastung der offenen Gewinnrücklage der umzuwandelnden Körperschaft.
Rz. 44
Der Sperrbetrag ist außerhalb der Steuerbilanz zu erfassen. Er bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Nennbetrag der Beteiligung der Übernehmerin. Ein Sperrbetrag ist nur bei den Anteilen anzusetzen, die am steuerlichen Übertragungsstichtag tatsächlich zum Betriebsvermögen der Übernehmerin gehören oder die nach § 5 Abs. 2 — 4 UmwStG als in das Betriebsvermögen der Übernehmerin eingelegt gelten. Ein Sperrbetrag kommt auch im Falle eines Formwechsels in Betracht.
Rz. 45
Ein Einzelunternehmer erwirbt Ende 2001 eine hundertprozentige Beteiligung an der X-GmbH für 200.000 EUR von einem nicht anrechnungsberechtigten Anteilsinhaber. Beim Erwerb betragen das Nennkapital der X-GmbH 100.000 EUR und die offenen Gewinnrücklagen (EK 40) 60.000 EUR mit einem Körperschaftsteuerguthaben von 40.000 EUR. Stille Reserven sind nicht vorhanden. Bis zur Umwandlung auf sein Einzelunternehmen im Jahre 2003 kommen bei der X- GmbH weitere Gewinnrücklagen hinzu, von denen die neue Körperschaftsteuer von 25% nebst Solidaritätszuschlag bereits abgerechnet ist.
Der Übernahmegewinn des Einzelunternehmers errechnet sich wie folgt:
Wert der übergegangenen Wirtschaftsgüter zum Buchwert nebst offener Gewinnrücklage
Nennkapital |
100.000 |
+ |
offene Gewinnrücklagen |
110.000 |
./. |
Buchwert der Beteiligung an der X-GmbH |
200.000 |
= |
Zwischensumme |
10.000 |
+ |
Sperrbetrag nach § 50c EStG in Höhe der Altrücklage bis 2001 |
60.000 |
= |
Übernahmegewinn, der dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG unterliegt |
70.000 |
Rz. 46
Das zu den Gewinnrücklagen des Jahre 2001 gehörende Körperschaftsteuerguthaben von 40% von 100.000 EUR = 40.000 EUR hätte nach § 10 UmwStG a. F. während der Geltung des Anrechnungsverfahrens den Übernahmegewinn des übernehmenden Einzelunternehmers erhöht (grossing up). Durch die Umwandlung ließ sich eine Mobilisierung des Körperschaftsteuerguthabens erreichen (cash out). Die Umwandlung führte zu einer Vollausschüttung der offenen Gewinnrücklagen einschließlich des darin gebundenen Körperschaftsteuerguthabens.
Nach § 10 UmwStG i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes kommt das Körperschaftsteuerguthaben nicht mehr dem Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft oder dem Einzelunternehmer zugute, sondern der übertragenden Kapitalgesellschaft. Mangels Anrechenbarkeit beim Übernehmer erhöht es nicht mehr dessen Übernahmegewinn oder vermindert dessen Übernahmeverlust. Stattdessen vermindert das Körperschaftsteuerguthaben die Körperschaftsteuerschuld der übertragenden Körperschaft im Veranlagungszeitraum der Umwandlung entsprechend der §§ 37f. KStG n. F. Das Körpersch...