Rz. 23

Hat ein Anteilsinhaber seine Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft als einbringungsgeborene i. S. v. § 21 UmwStG durch eine Einlage eines (Teil-)Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils oder einer mehrheitsverschaffenden Beteiligung nach § 20 UmwStG erworben, ohne die stillen Reserven durch Ansatz des Teilwerts aufzudecken, und hält er die Beteiligung im Privatvermögen, so gibt § 8 UmwStG keinen Aufschluss darüber, ob er die sich aus der Umwandlung ergebenden Einkünfte nach § 21 UmwStG, nach § 7 UmwStG oder nach § 17 EStG zu versteuern hat.

 

Rz. 24

Sofern ein Anteilseigner zu mindestens 1% (vgl. § 17 Abs. 1 EStG) mit seinen einbringungsgeborenen Anteilen an der übertragenden Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist, wird eine Anwendung des für derartige Beteiligungen im Privatvermögen geltenden § 17 EStG durch die speziellere Vorschrift des § 21 UmwStG für einbringungsgeborene Anteile verdrängt[1].

 

Rz. 25

Am nächstliegenden erscheint es, die Umwandlungsfolge für einen Anteilseigner mit einbringungsgeborenen Anteilen — unabhängig von deren Höhe — wie eine Liquidation i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG zu beurteilen[2]. Diese Betrachtung entspricht der Behandlung des Untergangs einer Beteiligung i. S. v. § 17 EStG gegen Auskehrung des Vermögens der untergehenden Körperschaft als eine Form der Liquidation i. S. v. § 17 Abs. 4 EStG (vgl. Rz. 15). Es gelten dann die gleichen steuerlichen Grundsätze wie im Falle einer untergehenden Beteiligung nach § 17 Abs. 4 EStG: Die Besteuerung der Einkünfte des Gesellschafters aus der untergehenden Beteiligung ist zweigeteilt: Vorrangig sind die Bezüge aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus den Vermögensauskehrungen der untergehenden Körperschaft auszusondern, soweit hierfür offene Gewinnrücklagen und in Nennkapital umgewandeltes EK 01, 02, 03, 30 und 40 verwendet worden ist. Zu Einkünften i. S. v. § 21 UmwStG führen dagegen die anteiligen ausgekehrten Wirtschaftsgüter mit ihrem Nennwert abzüglich der Umwandlungskosten.

 

Rz. 26

Sowohl die Einkünfte aus § 20 Abs. 1 und 2 EStG als auch die nach § 21 UmwStG i. V. m. § 16 EStG unterliegen dem grundsätzlich ab 2002 geltenden Halbeinkünfteverfahren. Dessen Anwendung ist nur unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG ausgeschlossen, also wenn ein Beteiligungsertrag innerhalb der siebenjährigen Behaltefrist aus Anteilen resultiert, die aus der Einbringung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder von Mitunternehmeranteilen unter dem Teilwert ­hervorgegangen sind. Das Halbeinkünfteverfahren ist jedoch anzuwenden bei einer Veräußerung nach Ablauf der Siebenjahresfrist und auf für die Einbringung einer mehrheitsverschaffenden Beteiligung i. S. v. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG gewährten einbringungsgeborenen Anteile[3].

 

Rz. 27

Verluste sind nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte abziehbar, sofern der Übertragungsstichtag in einen Veranlagungszeitraum fällt, in dem bereits das grundsätzlich ab 2002 anwendbare neue Recht gilt. Der Verlustausgleichsausschluss nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG (vgl. Rz. 19) ist bei einbringungsgeborenen Anteilen nicht anwendbar[4]. Denn die Besteuerung nach § 21 UmwStG genießt Vorrang vor der nach § 17 EStG (vgl. Rz. 24).

 

Rz. 28

Als Steuervergünstigungen wird auf den Auflösungsgewinn nach § 21 UmwStG i. V. m. mit § 16 EStG der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG gewährt[5]. Denn diese Steuervergünstigung ist in § 8 Abs. 2 UmwStG nicht ausgeschlossen. Voraussetzung für den Freibetrag ist, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.

 

Rz. 29

Der Steuerpflichtige kommt jedoch nicht in den Genuss der Stundungsmöglichkeit nach § 21 Abs. 2 Satz UmwStG. Denn angesichts des Zuflusses des Auflösungsgewinns wäre eine Stundung nicht gerechtfertigt. Ausgeschlossen sind nach § 8 Abs. 2 UmwStG außerdem die Tarifvergünstigungen nach § 34 Abs. 1 und 3 EStG. Dem entspricht die Aufhebung der Verweisung auf § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000[6]. Der Steuerpflichtige soll nicht in den Genuss des Halbeinkünfteverfahrens und zusätzlich der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG gelangen.

 

Rz. 30

Die Finanzverwaltung[7] hat in einem Entstrickungsantrag, der kurz vor der Umwandlung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG gestellt wird, um in den Genuss der Stundungsmöglichkeit nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG zu gelangen, einen Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO 1977 gesehen. Eine Stundung entfällt jedoch ohnehin nach § 21 Abs. 2 Satz 6 UmwStG, sobald die Kapitalgesellschaft innerhalb des Stundungszeitraums aufgelöst wird. Ob ein vor der Umwandlung gestellter Entstrickungsantrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG die Tarifvergünstigungen nach § 34 Abs. 1 und 3 EStG — entgegen § 8 Abs. 2 UmwStG — über § 16 EStG zu eröffnen vermag, ist zweifelhaft[8].

[1] Vgl. BFH v. 10.11.1992, VIII R 40/89, BStBl II 1994, 222; Schmidt/Weber-Grellet, EStH, 21. Aufl., § 17 EStG, R...

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