Rz. 205
Aufgrund der unterschiedlichen Buchwertvoraussetzungen von § 20 UmwStG und § 21 UmwStG gibt es Anteils(mit)einbringungen, die in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen und aufgrund dessen Buchwertvoraussetzungen steuerneutral durchgeführt werden können, die aber nicht steuerneutral bzw. nur unter Hinnahme einer erweiterten Steuerverhaftung der erhaltenen Anteile durchgeführt werden könnten, wenn sie in den Anwendungsbereich des § 21 UmwStG fielen.
Rz. 206
Diese Anteils(mit)einbringungen, in denen der Einbringende im Einbringungszeitpunkt von der vorrangigen Anwendung des § 20 UmwStG profitiert, sind die Fälle, in denen das Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen, nicht aber an den mit eingebrachten Anteilen durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt wird. Genau für diese Fälle schreibt § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG vor, dass neben § 22 Abs. 2 UmwStG auch § 22 Abs. 1 UmwStG zur Anwendung kommt.
Rz. 207
In diesen Fällen geht es nicht um die Verhinderung von Steuervorteilen aus einer "innerstaatlichen Statusverbesserung", da insoweit Anteile gegen Anteile getauscht werden. Es geht hier vielmehr darum, dass das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen gegenüber dem im Zeitpunkt vor der Einbringung bestehenden Besteuerungsrecht an den mit eingebrachten Anteilen beschränkt oder ausgeschlossen wurde.
Daher könnte ein Missbrauch darin bestehen, im Inland steuerverhaftete Anteile über § 20 Abs. 1 UmwStG steuerneutral zu tauschen und anschließend die nur noch beschränkt oder überhaupt nicht mehr im Inland steuerverhafteten erhaltenen Anteile zu veräußern. Davor soll die zusätzliche Anwendung des § 22 Abs. 1 UmwStG "abschrecken".
Rz. 208
Würde die Anteils(mit)einbringung in den Anwendungsbereich des § 21 UmwStG fallen, wäre sie nur steuerneutral möglich, wenn die Voraussetzungen der Fusionsrichtlinie erfüllt wären. In diesen Fällen würde das deutsche Besteuerungsrecht jedoch dadurch gesichert, dass die erhaltenen Anteile gem. § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Hs. 2 UmwStG ungeachtet eines DBA dauerhaft in Deutschland steuerverhaftet blieben.
Durch die Anwendung des § 22 Abs. 1 UmwStG bleiben die erhaltenen Anteile dagegen nur innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist quasi-steuerverhaftet.
Daher kann für diese Anteils(mit)einbringungen die Anwendung des § 20 UmwStG günstiger sein, da die erhaltenen Anteile dann nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden können und nur noch beschränkt oder überhaupt nicht mehr der deutschen Besteuerung unterliegen.
Rz. 209
Nach der Gesetzesbegründung soll § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG insbesondere die Fälle erfassen, in denen ein beschränkt Steuerpflichtiger Anteile im Rahmen einer Sacheinlage gem. § 20 UmwStG steuerbegünstigt mit einbringt.
Rz. 210 einstweilen frei
Der in Österreich ansässige X bringt seine inländische Betriebsstätte, welche die Teilbetriebsvoraussetzung erfüllt und zu der Anteile an der inländischen Y-GmbH gehören, in die Z-GmbH ein. Im darauffolgenden Jahr veräußert X die Anteile an der Z-GmbH.
Die Einbringung ist nach § 20 UmwStG steuerneutral möglich, u. a. da das Besteuerungsrecht an dem eingebrachten Betriebsvermögen weder ausgeschlossen noch beschränkt wird.
Ohne die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG käme es bei der anschließenden Veräußerung der erhaltenen Anteile an der Z-GmbH nur für das übrige eingebrachte Betriebsvermögen (ohne die Anteile an der Y-GmbH) zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I, sodass die auf die Anteile an der Y-GmbH entfallenden stillen Reserven im Ergebnis gem. Art. 13 Abs. 5 DBA Österreich nur in Österreich besteuert würden.
Aufgrund der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG kommt es jedoch auch für die Anteile an der Y-GmbH zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I.
Rz. 211
Die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG kann aber auch greifen, wenn der Einbringende in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Rz. 212 einstweilen frei
Der in Deutschland ansässige X bringt einen Teilbetrieb, zu dem auch eine Beteiligung an der deutschen D-GmbH gehört, gegen Gewährung neuer Anteile in eine tschechische Kapitalgesellschaft ein. Der eingebrachte Teilbetrieb begründet eine deutsche Betriebsstätte der tschechischen Kapitalgesellschaft. Im darauffolgenden Jahr veräußert X die erhaltenen Anteile an der tschechischen Kapitalgesellschaft.
Da die Beteiligung an der D-GmbH tatsächlich zu der Betriebsstätte gehört, kann die Einbringung der gesamten Betriebsstätte einschließlich der Beteiligung an der D-GmbH nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG zum Buchwert erfolgen, da insbesondere das Besteuerungsrecht Deutschlands an dem Gewinn aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden tschechischen Kapitalgesellschaft weder ausgeschlossen noch beschränkt wurde.
Hinsichtlich der stillen Reserven in der Beteiligung an der D-GmbH würde Deutschland im Fall der Veräußerung der erhaltenen Anteil...