Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 1
§ 6 UmwStG regelt im Rahmen der §§ 3–9 UmwStG, die den Vermögensübergang von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft bzw. auf eine natürliche Person im Wege der Verschmelzung behandeln, das Schicksal des Übernahmefolge- bzw. Konfusionsgewinns mit dem Ziel, die insoweit bestehende ungemilderte Ertragsbesteuerung durch Gewährung einer Rücklagenbildungsmöglichkeit zu mildern. Hintergrund ist, dass es sich bei den Übernahmefolgegewinnen um reine Buchgewinne handelt, denen eine entsprechende Liquidität nicht gegenübersteht. § 6 UmwStG ergänzt insoweit §§ 4 und 5 UmwStG, die die Ermittlung des Übernahmeergebnisses betreffen.
Rz. 2
Mit der Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register des übernehmenden Rechtsträgers geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über. Gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten erlöschen zivilrechtlich durch Konfusion. Dies bedeutet, dass sich Forderungen und gegenüberstehende Verbindlichkeiten bei einem Rechtsträger vereinigen. Zu einer Konfusion kann es auch dann kommen, wenn Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen mehreren Körperschaften bestehen, die gemeinsam auf einen übernehmenden Rechtsträger verschmolzen werden. Von daher müssen die Forderungen und Verbindlichkeiten, die durch Konfusion wegfallen, nicht zwingend im Verhältnis zwischen dem übertragenden Rechtsträger und dem übernehmenden Rechtsträger bestehen.
Rz. 3
Der Übernahmefolgegewinn ist vom Übernahmegewinn bzw. -verlust zu unterscheiden. Übernahmegewinn bzw. -verlust i. S. d. § 4 Abs. 4 bis 7 UmwStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert, mit dem der übernehmende Rechtsträger die Wertansätze der übergegangenen Wirtschaftsgüter aus der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG fortzuführen hat, und – nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang – dem Buchwert der untergehenden Anteile an der übertragenden Körperschaft. Der sich daraus ergebende Wert ist um die Bezüge nach § 7 UmwStG zu korrigieren. Der Übernahmefolgegewinn i. S. d. § 6 Abs. 1 und 2 UmwStG ist hingegen der Gewinn, der sich durch die Vereinigung und das dadurch bewirkte Erlöschen von zwischen der übertragenden Körperschaft und dem übernehmenden Rechtsträger bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten ergibt, die unterschiedliche Werte aufgewiesen haben. Eine Konfusion von Forderungen und Verbindlichkeiten kann auch zu einem Übernahmefolgeverlust führen, wenn die untergehenden Forderungen höher bewertet wurden als die entsprechenden untergehenden Verbindlichkeiten. Weiterhin kann sich ein Übernahmefolgegewinn durch die gewinnerhöhende Auflösung einer Rückstellung ergeben, die die übertragende Körperschaft oder der übernehmende Rechtsträger wegen drohender Inanspruchnahme durch die jeweils andere Seite gebildet hatte.
Rz. 4
Der Übernahmefolgegewinn bzw. -verlust entsteht steuerlich erst eine logische Sekunde nach Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags. Zunächst hat die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person die Forderungen, Verbindlichkeiten und Rückstellungen aus der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit den dort gewählten Wertansätzen nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG zu übernehmen. Erst danach erlöschen Forderungen und Verbindlichkeiten infolge der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerschaft in der Person des übernehmenden Rechtsträgers bzw. ist eine Rückstellung wegen Fortfalls der drohenden Inanspruchnahme mit der Folge der Gewinnerhöhung aufzulösen.
Rz. 5 einstweilen frei
Rz. 6
Maßgebend für die Höhe des Übernahmefolgegewinns bzw. -verlusts sind die zum Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtags bestehenden Wertdifferenzen zwischen den Forderungen und den Verbindlichkeiten bei der übertragenden Körperschaft und dem übernehmenden Rechtsträger bzw. die zu diesem Zeitpunkt bilanzierten Rückstellungen. Nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstehende Inkongruenzen haben keinen Einfluss auf den Übernahmefolgegewinn bzw. -verlust.
Rz. 7
Der Übernahmefolgegewinn ist nicht Bestandteil des Übernahmeergebnisses nach § 4 Abs. 4 bis 7 UmwStG. Ein Konfusionsgewinn kann daher nicht mit einem Übernahmeverlust saldiert werden.
Rz. 8
Keine Auswirkungen auf den Übernahmefolgegewinn haben die Beteiligungsverhältnisse bei der übertragenden Körperschaft. Ohne Bedeutung ist auch, ob zum steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile der übertragenden Körperschaft zum Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers gehören bzw. als dort eingelegt gelten. Ebenfalls unerheblich ist, ob das übergehende Vermögen mit dem gemeinen Wert, dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt wurde. Der Übernahmefolgegewinn muss sich aber als Ausfluss einer Verschmelzung ergeben.
Rz. 9
§ 6 UmwStG enthält folgende Regelungen:
- § 6 Abs. 1 UmwStG betrifft die Besteuerung von Übernahmefolgegewinnen. Hierunter sind Gewinne, die durch die Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten oder durch den Wegfall von...