Prof. Dr. Gerrit Frotscher
10.1 Allgemeines
Rz. 326
§ 50d Abs. 14 EStG ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts angefügt worden.
In § 52 EStG ist für die Einfügung des § 50d Abs. 14 EStG keine Regelung über das Inkrafttreten der Vorschrift enthalten. Die Neuregelung tritt daher nach Art. 12 Abs. 1 KöMoG am 1.1.2022 und damit zeitgleich mit der Optionsmöglichkeit nach § 1a KStG in Kraft.
Rz. 327
Durch das KöMoG wurde Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften in § 1a KStG die Möglichkeit eröffnet, zur Besteuerung als Kapitalgesellschaften zu optieren. Sie bleiben dann handelsrechtlich Personengesellschaften, werden aber als fiktive Kapitalgesellschaften besteuert. Dies wirkt sich auch auf die Gesellschafter aus, die nach § 1a Abs. 1 KStG als nicht persönlich haftende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft besteuert werden. Aus deutscher Sicht erfolgt keine transparente Besteuerung mehr, bei der den Gesellschaftern die Gewinne der Personengesellschaft zugerechnet werden. Vielmehr werden ihnen zugeflossene Gewinne als Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft besteuert. Sie halten auch keine Beteiligung an einer Personengesellschaft mehr, sondern eine Kapitalbeteiligung. Durch diese Qualifizierung nach nationalem Recht besteht in grenzüberschreitenden Fällen die Gefahr, dass unbesteuerte oder niedrig besteuerte Einkünfte entstehen. Dies kann eintreten, wenn Deutschland und der jeweilige ausl. Staat die Beteiligung an der optierenden Gesellschaft unterschiedlich qualifizieren und dadurch negative Qualifikationskonflikte entstehen. Um dies zu vermeiden, schließt S. 1 die Entlastungsberechtigung für Dividende und S. 2 für Veräußerungsgewinne aus, wenn diese Einkünfte im anderen Staat nicht der Besteuerung unterliegen. Da sich eine Entlastungsberechtigung nur aus einem DBA ergeben kann, setzt die Vorschrift die Anwendung eines DBA voraus.
Rz. 328
Die Vorschrift regelt die Folgen eines negativen Qualifikationskonflikts, wenn die optierende Gesellschaft in Deutschland, der Gesellschafter in einem ausl. Staat ansässig ist. Nur in diesem Fall kann es zu der in S. 1 angesprochenen Entlastung von der KapESt kommen. Zu einem Qualifikationskonflikt hinsichtlich der Veräußerungsgewinne könnte es zwar auch bei Ansässigkeit der optierenden Gesellschaft im Ausland kommen. § 1a Abs. 1 S. 6 Nr. 2 KStG bestimmt aber, dass eine im Ausland ansässige Personengesellschaft nur zur KSt optieren kann, wenn auch ihr Ansässigkeitsstaat die Gesellschaft der KSt unterwirft. Qualifikationskonflikte sollten daher bei Ansässigkeit der Gesellschaft im Ausland ausgeschlossen sein. Bei einer in Deutschland ansässigen optierenden Gesellschaft kommt es zu einem Qualifikationskonflikt, wenn der ausl. Staat die Gesellschaft steuerlich weiterhin als Personengesellschaft behandelt. Für dem Gesellschafter zugeflossene Gewinne wird er das Besteuerungsrecht nach dem Betriebsstättenprinzip bei Deutschland sehen, während Deutschland nur eine der Höhe nach beschr. Quellensteuer erheben und das Besteuerungsrecht für die fiktive Dividende dem ausl. Staat zuordnen wird. Wird die Beteiligung veräußert, steht das Besteuerungsrecht aus Sicht des ausl. Staates nach Art. 13 Abs. 2 OECD-MA nach dem Betriebsstättenprinzip Deutschland zu, während aus deutscher Sicht Art. 13 Abs. 5 OECD-MA anzuwenden und der Gewinn daher im Ausland zu versteuern ist.
Rz. 329
Dagegen kann die Option nach § 1a KStG keinen positiven Qualifikationskonflikt mit einer Doppelbesteuerung der Gewinne hervorrufen. Ein positiver Qualifikationskonflikt kann nur hinsichtlich des Veräußerungsgewinns bei einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft und nur entstehen, wenn Deutschland die Gesellschaft als transparent, der ausl. Staat aber als Körperschaft besteuert. Da dies keine Folge der Option nach § 1a KStG ist, regelt § 50d Abs. 14 EStG diesen Fall nicht.
Rz. 330
§ 50d Abs. 14 EStG bestimmt in den beiden Tatbeständen des S. 1 und S. 2, dass die Rechtsfolgen ungeachtet der Bestimmungen eines DBA eintreten sollen. Die Vorschrift enthält daher einen Treaty Override.
10.2 Ausschluss der Entlastung bei Gewinnausschüttungen, Abs. 14 S. 1
Rz. 331
§ 50d Abs. 14 S. 1 EStG schließt die Entlastung von der KapESt in bestimmten Fällen aus. Betroffen sind Auskehrungen, die eine in Deutschland ansässige Personengesellschaft, die nach § 1a KStG zur KSt optiert hat, an ihre im Ausland ansässigen Gesellschafter leistet. Voraussetzung ist, dass zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters ein DBA besteht, aus dem sich eine solche Entlastungsberechtigung ergibt. Die Entlastungsberechtigung kann in einer Reduzierung der KapESt bei Portfolio-Beteiligungen oder in einer KapESt-Reduzierung bis auf 0 bei Schachtelbeteiligungen bestehen. Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf eine Reduzierung der KapESt nach der Mutter-Tochter-Richtlinie und damit nach § 43b EStG, wenn diese Vorschriften auf die optierende Gesellschaft anwendbar sein sollten.
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