Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 324a
AfaA sind nach § 7 Abs. 1 S. 7 EStG zulässig. Soweit der Grund für die AfaA in späteren Wirtschaftsjahren wegfällt, ist in den Fällen der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG eine entsprechende Zuschreibung vorzunehmen.
Rz. 325
§ 7 Abs. 1 S. 7 EStG gilt grundsätzlich für alle abnutzbaren Wirtschaftsgüter. Es ist gleichgültig, ob es sich um materielle bewegliche oder unbewegliche oder immaterielle Wirtschaftsgüter handelt. Fraglich ist, ob die AfaA auch bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern wie Grund und Boden möglich ist. Die Rspr. hat diese Frage bisher offengelassen. M. E. kommt bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern AfA nach § 7 Abs. 1 S. 7 EStG nicht in Betracht, da nach Sinn und Zweck und systematischer Stellung die Anwendung von § 7 Abs. 1 S. 7 EStG planmäßig abzuschreibende Wirtschaftsgüter voraussetzt. Die Beschädigung bzw. Zerstörung von nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern kann zwar im Einzelfall für die Einkünfte erheblich sein. Sie ist aber nicht dem Anwendungsbereich von § 7 EStG zuzurechnen.
Rz. 326
AfaA findet Anwendung im Bereich der Gewinneinkünfte und der Überschusseinkünfte. Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ist AfaA nicht möglich. Voraussetzung für die Berücksichtigung von AfaA ist, dass das entsprechende Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt des Eintritts der außergewöhnlichen Umstände bereits hergestellt bzw. angeschafft ist. Vor dessen Anschaffung bzw. Herstellung kommt eine AfaA nicht in Betracht. Wird der Anschaffungsvorgang endgültig aufgegeben, sind bei bestehender Einkünfteerzielungsabsicht die bis dahin entstandenen Aufwendungen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten. Entsprechendes gilt bei endgültiger Einstellung eines Herstellungsvorgangs, sofern der bisherige, noch nicht abgeschlossene Herstellungsvorgang für sich betrachtet nicht zu einem Wirtschaftsgut geführt hat. Anderenfalls kann – maßgebend ist die mit dem Herstellungsvorgang verfolgte Zweckrichtung – § 7 Abs. 1 S. 7 EStG Anwendung finden. Des Weiteren tritt die AfaA neben die planmäßige AfA. Beide sind grundsätzlich gleichzeitig vorzunehmen, wobei in dem betreffenden Jahr zunächst die planmäßige AfA Vorrang hat. Neben der degressiven AfA nach § 7 Abs. 2 EStG ist AfaA nach § 7 Abs. 2 S. 4 EStG nicht zulässig. Dem Stpfl. bleibt es aber unbenommen, in dem Jahr der außergewöhnlichen Abnutzung zur linearen AfA überzugehen. Er kann dann die AfaA geltend machen. AfA nach § 7 Abs. 4 EStG schließt die AfaA nach § 7 Abs. 4 S. 3 EStG nicht aus. Die Finanzverwaltung lässt die AfaA auch in den Fällen des § 7 Abs. 5 EStG zu (R 7.4 Abs. 11 S. 2 EStR 2012). Dies ist m. E. zutreffend, da eine unterschiedliche Behandlung insoweit von linearer und degressiver Gebäude-AfA nicht gerechtfertigt ist. Nach Vornahme der AfaA ist die weitere AfA durch Verteilung des Restwerts auf die Restnutzungsdauer entsprechend der ursprünglich geschätzten Nutzungsdauer oder, wenn die Nutzungsdauer durch die AfaA verkürzt worden ist, durch die Verteilung des Restwerts auf die neu geschätzte Restnutzungsdauer zu ermitteln.
Rz. 327
Nach Ablauf der gewöhnlichen Nutzungsdauer ist eine AfaA ausgeschlossen. Hier wird nicht ein Teil der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten durch ein außergewöhnliches Ereignis verbraucht.
Rz. 328
Abzugrenzen ist die AfaA von der Teilwertabschreibung. AfaA erfordert eine technische oder wirtschaftliche Abnutzung. Reine Wertminderungen, die nicht durch eine technische oder wirtschaftliche Abnutzung bedingt sind, reichen für eine Teilwertabschreibung aus, sofern sie zu einer voraussichtlich dauernden Wertminderung führen, nicht aber für eine AfaA. Im Einzelfall können aber gleichzeitig die Voraussetzungen einer AfaA und einer Teilwertabschreibung erfüllt sein. Vorrangig ist dann die AfaA. Auch kann die AfaA zu einem unter dem Teilwert liegenden Ansatz führen.
Rz. 329
Eine Pflicht zur Vornahme der AfaA besteht nach dem ausdrücklichen Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht. Der Stpfl. hat ein Wahlrecht. Er kann sich auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der AfaA für die Fortführung der planmäßigen AfA entscheiden. Der Stpfl. ist allerdings zur Vornahme der AfaA verpflichtet, wenn ein Wirtschaftsgut (z. B. bei Totalschaden) untergeht oder wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen (z. B. wegen Brands) ausscheidet. Auch der unentgeltliche Rechtsnachfolger kann AfaA vornehmen, wenn bei ihm die in § 7 Abs. 1 S. 7 EStG genannten Voraussetzungen vorliegen. § 11d Abs. 1 EStDV bietet dem Beschenkten aber keine Rechtsgrundlage dafür, in eine etwaige Berechtigung des Schenkers zum Abzug von AfaA einzutreten.
Rz. 330
Vorzunehmen sind AfaA im Jahr des Schadenseintritts, spätestens im Jahr der Entdeckung des Schadens. Dabei setzt die Entdeckung die Kenntnis der außergewöhnlichen Abnutzung voraus. Ein Kennen müssen reicht nicht aus. Liegen die maßgebenden Umstände schon zurück, muss die die Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts beeinflussende Wirkung dieser Umstände...