Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 22
Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EStG gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Eingeschränkt wird dieser Grundsatz durch § 5 Abs. 6 EStG. Vorrangig sind danach gegenüber den handelsrechtlichen Regelungen die steuerrechtlichen Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung. Eine umgekehrte Maßgeblichkeit besteht nach § 5 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 EStG nicht. Steuerrechtliche AfA-Wahlrechte können damit unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden. Voraussetzung für die Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte ist nach § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG die Aufnahme der Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere laufend zu führende Verzeichnisse. Hierbei handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung für die wirksame Ausübung des jeweiligen steuerrechtlichen Wahlrechts. Kein Wahlrecht besteht hinsichtlich der Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Bei der Bemessung der AfA in der Steuerbilanz ist grundsätzlich von der gleichen Nutzungsdauer auszugehen wie in der Handelsbilanz. Dies deshalb, weil die Grundsätze hinsichtlich der Bestimmung der Nutzungsdauer in der Handels- und Steuerbilanz dieselben sind. Vor diesem Hintergrund sind auch Prognose- und Ermessensspielräume bei der Sachverhaltsfeststellung im Rahmen der Handels- und Steuerbilanz einheitlich auszuüben.
Rz. 23 bis 62 einstweilen frei
Rz. 63
Der handelsrechtliche Grundsatz der Einzelbewertung nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB gilt auch für Zwecke der Besteuerung. Er bedeutet, dass die AfA für jedes einzelne Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gesondert zu ermitteln ist. Gleichartige Wirtschaftsgüter mit annähernd gleicher Nutzungsdauer können für Zwecke der Ermittlung der AfA grundsätzlich nicht zusammengefasst werden. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die gleichartigen Wirtschaftsgüter über eine gleiche Nutzungsdauer verfügen und zur gleichen Zeit angeschafft bzw. hergestellt worden sind. In diesen Fällen kann die AfA im Wege der Poolabschreibung in einem Gesamtbetrag ermittelt werden. Eine weitere Konsequenz aus dem Grundsatz der Einzelbewertung ist, dass einheitliche Wirtschaftsgüter bei Ermittlung der AfA nicht in mehrere unselbstständige Teile zerlegt werden können.
Rz. 64
Ebenfalls für Zwecke der Besteuerung gilt der handelsrechtliche Grundsatz der Bewertungsstetigkeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Er gebietet, die gewählte AfA-Methode bei gleich bleibendem Sachverhalt beizubehalten. Der Wechsel in der AfA-Methode darf nicht willkürlich sein. Willkür ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Wechsel in der AfA-Methode nicht durch wirtschaftliche Überlegungen gerechtfertigt ist. Zu verneinen ist Willkür, wenn der Methodenwechsel gesetzlich zugelassen ist, wie z. B. nach § 7 Abs. 3 S. 1 EStG beim Übergang von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 2 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs. 1 EStG.
Rz. 65
Eine Teilwertabschreibung kommt nur dann in Betracht, wenn der an dem jeweiligen Stichtag bestehende Teilwert den nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG maßgebenden Bilanzwert unterschreitet. Der Bilanzwert wird verkörpert durch die um die AfA verminderten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftsguts. Vor diesem Hintergrund geht die AfA einer Teilwertabschreibung vor. Folge ist, dass zunächst die AfA nach § 7 EStG vorzunehmen ist. Eine Teilwertabschreibung kann aber dann in Betracht kommen, wenn der Teilwert an dem entsprechenden Stichtag den nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ermittelten Bilanzwert, also die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten vermindert um die AfA, unterschreitet. Der Wertverlust, der darin besteht, dass der Teilwert unter dem fortgeschriebenen Buchwert liegt, muss mindestens während der halben Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts andauern. Nur dann kann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgegangen werden. Zu beachten ist, dass die AfA ihrer Höhe nach nicht durch den jeweiligen Teilwert nach unten begrenzt ist. Der Buchwert nach AfA kann unter oder über dem Teilwert liegen. Liegt er über dem Teilwert und liegen die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vor, muss diese erfolgen. Nach vorgenommener Teilwertabschreibung ist die bisherige AfA-Methode fortzuführen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Teilwertabschreibung im Zusammenhang mit einer Verkürzung der Nutzungsdauer steht. Möglich ist aber die Anwendung von § 7 Abs. 3 S. 1 EStG. Die verbleibende Nutzungsdauer ist bei Gebäuden nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG zu bestimmen (§ 11c Abs. 2 EStDV). Es gelten die dort bestimmten AfA-Sätze. Bei anderen Wirtschaftsgütern ist der Restwert auf die Restnutzungsdauer, die sich nach der ursprünglich geschätzten Nutzungsdauer bestimmt, zu verteilen und der AfA-Satz entsprechend anzupassen. Entsprechendes gilt auch bei Teilwertzuschreibungen. Vorrangi...