Prof. Dr. Alexander Kratzsch
6.5.5.1 Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG (§ 7g Abs. 3 Nr. 1 EStG a. F.)
Rz. 56
Eine Ansparrücklage darf grundsätzlich nur bei Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG gebildet werden (zu Stpfl. mit Einnahmen-Überschussrechnung vgl. § 7g Abs. 6 EStG a. F.; Rz. 42). Nicht begünstigt sind Stpfl., die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG ermitteln oder deren Gewinn dem Grunde nach gem. § 162 AO geschätzt wurde. Zwar ist eine Ordnungsmäßigkeit der Buchführung für eine Rücklagenbildung nicht erforderlich; im Fall einer Gewinnschätzung gem. § 162 AO kann eine Rücklage jedoch in der Buchführung nicht verfolgt werden, da überhaupt keine Buchführung existiert.
Eine Rücklage kann daher im Schätzungsjahr nicht erstmals gebildet werden. Außerdem sind die bereits in früheren Wirtschaftsjahren gebildeten Rücklagen im Schätzungsfall nach einer Ansicht gewinnerhöhend aufzulösen. Da aber § 7g Abs. 3 Nr. 1 und 3 EStG a. F. lediglich für das Wirtschaftsjahr der Rücklagenbildung eine Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG sowie eine Verfolgbarkeit in der Buchführung voraussetzen, nicht aber in den Jahren nach Rücklagenbildung, ist dieser Auffassung nicht zu folgen, wenn lediglich die Jahre nach dem Jahr der Rücklagenbildung geschätzt wurden. Eine Schätzung ist daher nur für im Schätzungsjahr gebildete Rücklagen schädlich.
Soweit eine Hinzuschätzung er Höhe nach erfolgt, die Gewinnermittlung also dem Grunde nach anerkennt und der Gewinn lediglich der Höhe nach korrigiert wird, scheidet eine Bildung nicht aus, soweit die Gewinnermittlung nicht dem Grunde nach in Frage gestellt wird.
Der Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 1 EStG zur Einnahmen-Überschussrechnung oder umgekehrt ist unschädlich. Gem. § 7g Abs. 6 EStG a. F. ist auch bei Einnahmen-Überschussrechnung eine Rücklagenbildung zulässig. Lediglich bei Übergang zur Gewinnermittlung gem. § 13a EStG sind Rücklagen zwingend gewinnerhöhend aufzulösen.
6.5.5.2 Betriebsgröße am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs im Jahr der Betriebseröffnung
Rz. 57
Nach § 7g Abs. 3 S. 3 Nr. 2 EStG a. F. darf eine Ansparrücklage nur für solche Betriebe gebildet werden, bei denen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs die in Abs. 2 genannten Größenmerkmale erfüllt sind.
Da Abs. 3 S. 3 Nr. 2 generell auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahrs abstellt, ist unerheblich, ob es sich bei dem laufenden oder vorangegangenen Wirtschaftsjahr um ein Rumpfwirtschaftsjahr gehandelt hat. Maßgeblich ist der Stand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs.
Bei zulässiger Rücklagenbildung vor Abschluss der Betriebseröffnung (Erfordernis einer verbindlichen Bestellung bei Anschaffung bzw. Herstellungsbeginn im Falle einer Herstellung, und zwar nach Auffassung des BMF generell vor Anschaffung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage, siehe dazu Rz. 52) ist das Betriebsgrößenmerkmal stets erfüllt, da kein Betriebsvermögen zum Ende des Vorjahres existiert. Allerdings muss dies auch für das Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung selbst gelten. Im ersten Jahr der Tätigkeit – nach Abschluss der Betriebseröffnung – existiert mangels Schlussbilanz eines vorhergehenden Wirtschaftsjahrs kein Betriebsvermögen zum Ende des letzten Wirtschaftsjahrs. Dies wird allerdings vom BMF nicht explizit ausgeführt. Daher ist selbst bei Betrieben, die zum Zeitpunkt der Investition die Betriebsgrößenmerkmale überschreiten, im Erstjahr der Tätigkeit eine Rücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG a. F. zulässig. Diese kann auch im zweiten Jahr beibehalten werden, da die Anforderungen gem. § 7g Abs. 3 EStG nur die Zulässigkeit der Rücklagenbildung reglementieren, nicht die der Beibehaltung. Der Verweis in § 7g Abs. 3 S. 3 Nr. 2 EStG a. F. auf die Betriebsgröße am Ende des der Rücklagenbildung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs macht deutlich, dass ein späteres Überschreiten der Größenmerkmale weder zur rückwirkenden Auflösung noch zur Auflösung im Jahr des Überschreitens zwingt. Eine im Erstjahr der Tätigkeit zulässige Rücklage kann daher gebildet werden, auch wenn das Betriebsvermögen die Betriebsgrößenmerkmale überschreitet.
Auch die nachträgliche Erhöhung (zum Wahlrecht vgl. Rz. 39ff.) einer in zulässiger Weise gebildeten Rücklage ist erlaubt, wenn im Jahr der Erhöhung die Betriebsgrößenmerkmale nicht (mehr) erfüllt sind. Auch insoweit ist der Wortlaut von § 7g Abs. 3 S. 3 Nr. 2 EStG a. F. (wie für das Jahr der Betriebseröffnung) eindeutig.
6.5.5.3 Nachvollziehbarkeit in der Buchführung (§ 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG a. F.)
Rz. 58
Die Rücklagenbildung sowie deren Auflösung müssen in ...