Rz. 68
Mehrere gleichberechtigte Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Ohne Nachlassplanung und bei fehlender letztwilliger Verfügung geht das Vermögen des Erblassers beim Erbfall durch Gesamtrechtsnachfolge automatisch auf seine gesetzlichen Erben über. Das bedeutet, dass die Erbengemeinschaft in Gestalt aller Erben nur gemeinsam über die Nachlassgegenstände verfügen kann. Jede Disposition über einen Vermögensgegenstand, der zum Nachlass gehört, bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder der Erbengemeinschaft (§ 2028 Abs. 1, § 745 BGB). Dies ist besonders problematisch, wenn Unternehmensanteile oder ganze Unternehmen zum Nachlass gehören. Einerseits ergeben sich Probleme aus der Nichtteilbarkeit von Unternehmen, deren laufende Geschäftsbetriebe im Streit zwischen den Miterben beeinträchtigt werden können. Andererseits sind aufgrund des Fehlens der Person des Erblassers und seines prägenden Einflusses dringend Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen für die Zukunft des Unternehmens zu treffen. Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft bzgl. dringend notwendiger Entscheidungen für das Unternehmen haben oft zur Folge, dass einzelne Miterben aus der Erbengemeinschaft aussteigen, was wiederum den künftigen Bestand des Unternehmens gefährden kann.
Rz. 69
Jeder Miterbe kann nach § 2033 Abs. 1 BGB ohne Zustimmung der übrigen Erben über seinen gesamten Anteil am Nachlass frei verfügen. Nach den §§ 2034ff. BGB steht den Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Der Miterbe kann jedoch nicht über einzelne Nachlassgegenstände verfügen (§ 2033 Abs. 2, § 2040 Abs. 1 BGB). Einem Miterben eines Unternehmens ist es nicht möglich, seinen Anteil am Unternehmen, sondern lediglich seinen gesamten Anteil am Nachlass, d. h. i. V. m. dem weiteren Nachlassvermögen zu veräußern. Daher können durch Übertragung der Anteile am Gesamtnachlass Konstellationen entstehen, die vom Erblasser nicht gewollt sind. Dies ist z. B. der Fall, wenn einer der Erben seinen Anteil an einen Dritten verkauft und dieser Dritte am gesamten Vermögen (Betriebs- und Privatvermögen) aufgrund des erworbenen Erbteils beteiligt ist.
Rz. 70
Ferner kann jedes Mitglied der Erbengemeinschaft nach § 2042 Abs. 1 BGB jederzeit deren Auflösung verlangen. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Ersatz des anteiligen Werts am Nachlass. Eine solche Verteilung wird bei der Vererbung von Unternehmensanteilen oft nur durch den Verkauf der Anteile oder durch die Liquidation des Unternehmens möglich sein. Zur Vermeidung der Auflösung der Erbengemeinschaft und der damit verbundenen möglichen Zerschlagung des im Nachlass enthaltenen Unternehmens bietet es sich an, diesbezüglich ein Teilungsverbot anzuordnen.
Rz. 71
Die Erbengemeinschaft ist eine auf Auseinandersetzung angelegte Gesamthandsgemeinschaft. Sie entsteht mit dem Tod des Erblassers, wenn mehrere Erben vorhanden sind, und endet mit der Erbauseinandersetzung. Letztere kann grundsätzlich jeder Miterbe jederzeit verlangen, was zu Problemen für den Bestand eines Unternehmens führen kann (Rz. 113f., 136f.).
Rz. 71a
Die Erbengemeinschaft ist weder eine juristische Person noch teilrechtsfähig wie eine Personengesellschaft, weshalb sie nicht Gesellschafterin einer OHG, KG oder anderen Personengesellschaft sein kann. Im Rahmen der Gesamthandsgemeinschaft können die Miterben hierüber nur gemeinsam verfügen. Jedem Miterben steht ein – allerdings übertragbarer – Anteil am Nachlass, nicht aber an den einzelnen Nachlassgegenständen zu. Daraus ergeben sich weitere Probleme, z. B. hinsichtlich der Geschäftsführung, Vertretung, Haftung und Insolvenzfähigkeit. Von erheblicher Bedeutung ist ebenso die Haftung der Erben bei Fortführung eines Handelsgewerbes nach § 27 HGB. Im Rahmen der Unternehmensnachfolgeplanung sollten die vielen Risiken einer Erbengemeinschaft vermieden werden.