Ein weiterer bedeutsamer und gleichsam zu berücksichtigender Bewertungsansatz von Genossenschaftsanteilen ist aus § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG herzuleiten, wonach eingebrachte Anteile an einer Genossenschaft bei der übernehmenden Gesellschaft in deren Steuerbilanz grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Es besteht insoweit auch ein Wahlrecht zum Buchwertansatz nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, was hier jedoch genauso wie die Einzelheiten des § 21 UmwStG nicht näher thematisiert werden soll. Von entscheidender Relevanz ist jedoch, wie sich Verwaltung und Literatur zur gesetzesmäßig vorgegebenen Ermittlung des gemeinen Werts von Genossenschaftsanteilen äußern, wenngleich es sich hier in erster Linie um eine rein ertragsteuerliche Bewertung handelt, die jedoch explizit auf den gemeinen Wert i.S.d. BewG verweist und somit nicht in Widerspruch zum erbschaft- und schenkungsteuerlichen Postulat des gemeinen Werts stehen dürfte.
Nach Rz. 21.08 UmwStE (Umwandlungsteuererlass, BMF v.11.11.2011 – IV C 2 – S 1978 -b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314) gilt für die Ermittlung des gemeinen Werts – somit auch von Genossenschaftsanteilen – auf den Einbringungszeitpunkt § 11 BewG, wobei zur Bewertung nach § 11 Abs. 2 BewG die gleich lautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 17.5.2011 – S 3102, BStBl. I 2011, 606 – zu §§ 11, 95 bis 109 und 199 ff. BewG, auch für ertragsteuerliche Zwecke maßgeblich sind, vgl. BMF-Schreiben v. 22.9.2011 – IV C 6 – S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859. Diese Auffassung vertreten auch explizit Flick/Gocke/Schaumburg/BDI, Der Umwandlungssteuererlass 2011, 1. Aufl. 2012, § 21 Rz. 21.08, da die die Finanzverwaltung in Rz. 21.08 UmwStE keine Differenzierung zwischen Anteilen an Genossenschaften und Kapitalgesellschaften trifft und somit auch den Wortlaut des § 21 UmwStG und dessen Einbeziehung der Genossenschaften nicht einschränkt.
Dies bedeutet unmissverständlich, dass die – nunmehr in die ErbStR 2019, insb. in R B 11 und 199–203 ErbStR 2019 übergegangenen – Ausführungen des BMF v. 17.5.2011 auch für die Ermittlung des gemeinen Werts von Genossenschaftsanteilen i.R.d. §§ 20–23 UmwStG aus Sicht der Finanzverwaltung anzuwenden sind. Als unmittelbare Konsequenz dieser Anwendungsanordnung gelten auch die Grundsätze in R B 11.2. Abs. 2 ErbStR 2019, wonach in Ermangelung vorliegender Anteilsverkäufe der gemeine Wert der Anteile durch das vereinfachte Ertragswertverfahren oder ein betriebswirtschaftliches Gutachten zu ermitteln ist, wobei in beiden Fällen der bewertungsrechtliche Substanzwert den Mindestansatz bildet, R B 11.5 Abs. 1 ErbStR. Die Bewertungshierarchie kann oben aus Abschn. IV. 2. c) i.V.m. BMF v. 16.11.2021 – IV C 5 – S 2347/21/10001 :006, EStB 2021, 19 (Apitz) nachvollzogen werden.
Nach derzeitiger Rechtslage und Auffassung der Finanzverwaltung zur ertragsteuerlichen Ermittlung des gemeinen Werts von Genossenschaftsanteilen i.R.d. UmwStG ist somit festzuhalten, dass insoweit für Genossenschaftsanteile keine Nennwertbewertung gelten soll, es sei denn, diese wäre gewissermaßen mit dem Ertrags- oder Substanzwert wertgleich. Unter einer teleologischen und historischen Gesamtbetrachtung ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber bei der Einbringung von Betriebsvermögen in Genossenschaften (§ 20 Abs. 1 UmwStG) oder beim Anteilstausch unter Einschaltung von Genossenschaften (§ 21 Abs. 1 UmwStG) und darauf folgenden schädlichen Veräußerungen (§ 22 UmwStG) wohl nicht die millionenfach bestehenden Beteiligungen an Kreditgenossenschaften oder Wohnbaugenossenschaften vor Augen gehabt haben mag, sondern eher konstruierte Kleingenossenschaften, die gewissermaßen auf eine relevante Veräußerung vorbereitet werden sollten durch gezielte vorangehende Einlagen. Bei einer Volks- oder Raiffeisenbank mit ggf. tausenden Mitgliedern ist dies nicht sinnvoll denkbar, allerdings sind die Vorschriften des UmwStG zur Verschmelzung von Genossenschaften i.R.d. §§ 11–14 UmwStG inzwischen in häufiger Anwendung, da die Kreditgenossenschaften durch die vernichtende Nullzinspolitik der EZB zu gemeinschaftlicher Kostensenkung in Gestalt von Fusionen gezwungen worden sind, wenngleich nunmehr die EZB den Leitzins wieder drastisch anheben musste.