Der sechste Teil des UmwStG (§§ 20–23 UmwStG) trägt explizit die Überschrift "Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft und Anteilstausch", so dass für Vermögensübertragungen in Genossenschaften insoweit grundsätzlich keine Besonderheiten gelten.
Für etwaige Einbringungen von begünstigtem Betriebsvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG in eine Genossenschaft stehen somit zur Verfügung:
- ein Betrieb mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen, Umwandlungsteuererlass Rz. 20.06 (UmwStE, BMF 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314);
- ein Teilbetrieb, den nach Auffassung der Verwaltung auch eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft darstellt, vgl. UmwStE Rz. 20.06 i.V.m. Rz. 15.02 i.V.m. Rz. 15.05, mit allen Wirtschaftsgütern, die funktional wesentliche Betriebsgrundlagen sind;
- ein Mitunternehmeranteil mit dem dazugehörigen wesentlichen Sonderbetriebsvermögen, vgl. Dürrschmidt in BeckOK/UmwStG, 23. Ed. 1.10.2022, § 20 Rz. 912–913;
- darüber hinaus – den Gesetzeswortlaut erweiternd – auch ein Teil eines Mitunternehmeranteils, BFH v. 25.8.2010 – I R 21/10, BFH/NV 2011, 258; UmwStE Rz. 20.11.
Alle sonstigen Möglichkeiten der Beteiligung einer Genossenschaft als aufnehmender oder übertragender Körperschaft i.R.d. im UmwG vorgegebenen Möglichkeiten sind im UmwStE Rz. 01.10 (Verschmelzung), Rz. 01.12. (Formwechsel) und Rz. 01.17 (Spaltung) ausführlich zusammengestellt. Es ist natürlich zu beachten, dass die Genossenschaft eine Mindestmitgliederzahl von drei Genossen gem. § 4 GenG aufweisen muss.
Anderes als in lit. a bis lit. d bezeichnetes Betriebsvermögen – insb. Einzelwirtschaftsgüter – und steuerrechtliches Privatvermögen kann nicht im Wege einer Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG eingebracht werden, allerdings können im Privatvermögen gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft i.S.d. § 17 EStG unter den Voraussetzungen des § 21 UmwStG im Wege eines Anteilstauschs steuerneutral in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht werden. Denn § 21 UmwStG ist nur auf Anteile im Betriebsvermögen, Anteile im Privatvermögen i.S.d. § 17 EStG und einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 Abs. 1 UmwStG anzuwenden, für alle übrigen Anteile gilt § 20 Abs. 4a Satz 1 und 2 EStG, vgl. UmwStE, Rz. 21.02.
Werden Einzelwirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in eine Kapitalgesellschaft eingelegt, erhöhen sich nach § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG die Anschaffungskosten der Beteiligung an der aufnehmenden Gesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts, was zur Gewinnrealisierung i.H.d Differenz zwischen dem Buchwert des eingelegten Wirtschaftsguts und dessen Teilwert führt. Nach hier vertretener Auffassung ist die Vorschrift auch auf Genossenschaften anzuwenden, wenngleich diese in § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG nicht explizit erwähnt sind, da verdeckte Einlagen auch bei (sogar von der Körperschaftsteuerpflicht befreiten) Genossenschaften vorliegen können, vgl. explizit BFH v. 21.9.1989 – IV R 115/88, BStBl. II 1990, 86.
Übriges Vermögen aus dem steuerrechtlichen Privatvermögen und von vermögensverwaltenden Personengesellschaften erfüllt die Voraussetzungen der §§ 20 und 21 UmwStG a priori nicht. Werden derartige Vermögensgegenstände unentgeltlich im Wege von verdeckten Einlagen in die Genossenschaft eingelegt, ist insb. Folgendes zu beachten:
- Nach § 21 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist die verdeckte Einlage von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten einem Veräußerungsgeschäft ebendieser gleichgestellt, so dass die 10-jährige Spekulationsfrist zu beachten ist. Nicht erfasst ist hier jedoch die verdeckte Einlage anderer Wirtschaftsgüter und (aller) selbst hergestellter Wirtschaftsgüter, so auch Levedag in A. Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 23 Rz. 52.
- Die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Genossenschaft außerhalb der Gestaltung i.R.d. § 21 UmwStG steht der Veräußerung der Anteile gleich, § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 7 EStG, so dass auch insoweit Beschränkungen beim Vermögenstransfer zu berücksichtigen sind.
Außerhalb der Spekulationsfrist liegende (private) Grundstücke(-steile) können somit ertragsteuerneutral in eine Genossenschaft übertragen werden.
Beraterhinweis An dieser Stelle ist vorab dringlichst auf die in Abschn. IV. 4. genauer dargestellte durch § 7 Abs. 8 Satz 3 ErbStG im Raum stehende groteske Gesetzeslage zur erbschaft-/schenkungsteuerlichen Bewertung der direkten Übertragung von Genossenschaftsanteilen einerseits und der einlagenbedingten Werterhöhung ebendieser andererseits einzugehen. Im Ergebnis müssten die hier unter Abschn. 3.8. dargestellten Vermögenstransfers in die Genossenschaft zuerst erfolgen und dann erst die Anteile übertragen werden, da die Werterhöhung der bestehenden Anteile durch etwaige Einlagen voll erbschaft-/schenkungsteuersteuerpflichtig wäre. Da jedoch eine Genossenschaft mindestens drei Mitglieder haben muss, § 4 GenG, wird das Problem des § 7 Abs. 8 Satz 3...