An folgendem Beispiel kann die faktische gestalterische Umgehung der Konsequenzen des § 7 Abs. 8 Satz 3 ErbStG aufgezeigt werden, wenngleich der Verfasser explizit darauf hinweist, dass auf Grund der unklaren Rechtslage nicht eindeutig gesagt werden kann, wie FA und Gerichte einen derartigen Fall beurteilen würden, schlimmstenfalls unter Verweis auf möglichen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch:
Beispiel
Vater V will an seine Söhne S1 und S2 ein im Privatvermögen befindliches Grundstück (kein § 23 EStG-Fristlauf) und einen Betrieb im Wert von jeweils 1 Mio. EUR übergeben.
Lösung
Zur Gründung der Genossenschaft werden drei Mitglieder benötigt, da es im Gegensatz zur GmbH keine Einmanngenossenschaft geben kann, so dass V, S1 und S2 die Genossenschaft gründen. V kann jedoch 98 Anteile zu je 100 EUR zeichnen und einzahlen, S1 und S2 jeweils nur einen Anteil zu 100 EUR. Wenn V nun das Grundstück und den Betrieb einlegt und im Gegenzug nochmals neue Anteile von 10.000 EUR erhält, ist er zu 19.800/20.000 = 99 % beteiligt und die Söhne nur zu jeweils 0,5 %. Vereinfacht dargestellt haben S1 und S2 dann nur jeweils 0,5 % der eingelegten Werte von 2.000.000 EUR erhalten, somit jeder nur 10.000 EUR als gemeinen Wert der Anteilswerterhöhung i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 3 ErbStG. Anschließend kann S dann jedem Sohn Anteile von bspw. 9.800 EUR zum Nennwert übertragen, so dass er sodann nur noch zu (19.800/19.600 = 200 von 20.000) 1 % beteiligt ist. Eine Restbeteiligung muss wegen der Mindestmitgliederzahl von drei erhalten bleiben.
Beraterhinweis Diese Umgehung kann nur durch die zum Zeitpunkt der Einbringung niedrige einlagebedingte Beteiligung und somit niedrige Anteilswerterhöhung der Söhne erreicht werden. Zu beachten ist außerdem, dass bei Anteilsveränderungen im bestehenden Mitgliederbestand V, S1, S2 keine Grundstücksübertragungen nach § 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG vorliegen, da diese Vorschrift keine Änderung der Beteiligung der Altgesellschafter im Verhältnis zueinander erfasst, so auch Meßbacher-Hönsch in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl. 2021, § 1 Rz. 977, und i.Ü. oben Abschn. III. 9.
Es bleibt dem steuerlichen Berater und seinem Mandanten überlassen, dieses konstruierte Beispiel einer verbindlichen Auskunft (s. Abschn. IV. 8.) zuzuführen oder einfach ihr Glück zu versuchen, wobei selbstverständlich dem FA sämtliche Sachverhalte offenzulegen sind, um nicht in die Gefahr einer Steuerverkürzung zu laufen. Rechtssicherheit kann in diesem Beitrag keinesfalls für derartige Konstellationen zugesagt werden. Es ist nur der teleologische Gedankenversuch, eine in sich inkonsistente Regelung ad absurdum zu führen.