2.1 Funktionsweise der Zinsschranke und aktuelle Regelungen
Die Zinsschranke gem. § 4h EStG verbietet den steuerlichen Abzug, soweit die Zinsaufwendungen die Zinserträge und eine steuerliche EBITDA-Größe (verrechenbares EBITDA gem. § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) eines Betriebs überschreiten werden. Ab einem bestimmten Verhältnis von Zinssaldo zur Ertragskraft des Betriebs, sind Zinsaufwendungen somit aufgrund der Zinsschranke nicht abzugsfähig.
In einem Wirtschaftsjahr nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind als Zinsvortrag in die Zukunft vorzutragen. Soweit das verrechenbare EBITDA den Zinssaldo eines Betriebs übersteigt, entsteht ein EBITDA-Vortrag, der in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen ist. Bei Aufgabe oder Übertragung eines Betriebs gehen nicht verbrauchte EBITDA-Vorträge und Zinsvorträge unter.
Die Zinsschranke enthält drei Ausnahmen. Ist eine der Ausnahmen erfüllt, ist die Zinsschranke nicht anwendbar:
- Eine Freigrenze bei einem Zinssaldo eines Betriebs von weniger als drei Millionen Euro.
- Eine Ausnahme für Betriebe, die nicht zu einem Konzern gehören (Konzernklausel oder Stand-alone-Klausel).
- Die Möglichkeit über einen Eigenkapitalvergleich nachzuweisen, dass die Eigenkapitalquote des Betriebs eine für den zugehörigen Konzern typische Eigenkapitalquote ist und die Eigenkapitalquote des Konzerns um maximal zwei Prozentpunkte unterschreitet (Escapeklausel).
Für die zweite und dritte Ausnahme kann für Körperschaften eine Rückausnahme vorliegen, wenn eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt (§ 8a Abs. 2 und 3 KStG).
2.2 Im Gesetzentwurf des Wachstumschancengesetz vorgesehene Änderungen
Mit dem Wachstumschancengesetz plant der Gesetzgeber gleich mehrere Anpassungen der Zinsschranke. Als Begründung wird angeführt, dass die Zinsschranke durch das Wachstumschancengesetz an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) angepasst wird. Die deutsche Regelung zur Zinsschranke entspricht den Vorgaben der ATAD allerdings bereits weitestgehend.
Die Änderungen sollen ab dem Tag des Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages aber nicht vor dem 01. Januar 2024 anwendbar sein. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende zentrale Änderungen vor:
Definition Nettozinsaufwendungen
Der Zinssaldo eines Betriebs, also die Differenz von Zinsaufwendungen und Zinserträgen soll zukünftig als "Nettozinsaufwendungen" definiert werden. Dadurch kann der Gesetzestext an mehreren Stellen verkürzt werden.
(Vermeintliche) Klarstellung zum EBITDA-Vortrag
Ein EBITDA-Vortrag entsteht im Rahmen der Zinsschranke nach aktuellem Gesetzeswortlaut nicht, wenn eine Ausnahme der Zinsschranke anwendbar ist. Zusätzlich soll mit dem Wachstumschancengesetz in den Gesetzeswortlaut aufgenommen werden, dass ein EBITDA-Vortrag ebenfalls nicht in Wirtschaftsjahren entsteht, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge eines Betriebs nicht übersteigen. Es soll sich bei dieser Regelung lediglich um eine Klarstellung handeln.
Keine Anwendung von Ausnahmen, soweit ein Zinsvortrag Zinsaufwendungen erhöht
Ausnahmen der Zinsschranke sollen nicht anwendbar sein, soweit Zinsaufwendungen in einem Wirtschaftsjahr durch einen Zinsvortrag erhöht wurden. Zweck dieser Regelung ist, dass Zinsvorträge nicht allein aufgrund der Anwendung von Ausnahmereglungen der Zinsschranke genutzt, sondern nur mit ausreichendem verrechenbaren EBITDA verrechnet werden sollen.
Keine Verschärfung der Freigrenze durch Einführung einer Anti-Fragmentierungsregelung
Im Gesetzentwurf war für die Anwendung der Freigrenze eine Anti-Fragmentierungsregelung vorgesehen. Gleichartige Betriebe, die unter der einheitlichen Leitung derselben Person oder Personengruppe stehen oder auf deren Leitung dieselbe Person oder Personengruppe unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann, sollten in der Fassung des Gesetzentwurfs als ein Betrieb gelten. Entsprechend hätte die Freigrenze in diesen Fällen insgesamt nur einmal für alle betroffenen Betriebe Anwendung gefunden. Für Konzerne mit mehreren Tochtergesellschaften hätte dies die Konsequenz haben können, dass die (volle) Freigrenze nicht mehr in mehreren Tochtergesellschaften zur Verfügung gestanden hätte.
Im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde vorgetragen, dass die Anti-Fragmentierungsregelung negative Folgen für bestimmte Branchen gehabt hätte. Insbesondere die ohnehin schon wirtschaftlich angeschlagene Baubranche zeichne sich durch Finanzierungsstrukturen aus, für die die Regelung gravierende Konsequenzen gehabt und die Existenz der Unternehmen ernsthaft gefährdet hätte. Aufgrund dieser Einwände wurde die Anti-Fragmentierungsregelung aus dem Wachstumschancengesetz herausgenommen.
Änderung der Stand-alone-Klausel und des Konzernbegriffs
Die Voraussetzung für die Ausnahme der Stand-alone-Klausel soll dahingehen angepasst werden, dass der Gesetzeswortlaut nicht mehr auf eine Konzernzugehörigkeit auf Basis von Konsolidierungsvorschriften abstellt, sondern Steuerpflichtige zukünftig keiner Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG nahestehen dürfen, damit die Ausnahme Anwendung findet. Zudem darf der Steuerpflichtige keine Betriebsstätte in einem Staat habe...