Leitsatz

Eine Geschäftsbeziehung zum Ausland i.S.d. § 1 Abs. 1 und 4 AStG (i.d.F. des StandOG) vom 13.9.1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) erfordert eine personale Beziehung zwischen dem inländischen Steuerpflichtigen und einer ausländischen nahe stehenden Person. Daran fehlt es bei Gewährung eines Darlehens durch den Steuerpflichtigen an eine inländische nahe stehende Person dann, wenn die nahe stehende Person mit dem hingegebenen Kapital eine ausländische Betriebsstätte finanziert.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 und 4 AStG

 

Sachverhalt

Die Kläger sind jeweils zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die beiden Ehemänner, der Kläger zu 1 und der Kläger zu 2, sind als Gesellschafter an Gesellschaften der Unternehmensgruppe X beteiligt. Sie waren ursprünglich zu jeweils 50 % Gesellschafter der Kollektivgesellschaften schweizerischen Rechts C-KG sowie A-KG. Im Zug einer Umstrukturierung der Unternehmensgruppe X wurden die Geschäftsbetriebe dieser beiden Gesellschaften "mit allen Aktiven und Passiven" auf zwei deutsche GmbHs, an der die beiden Kläger ebenfalls jeweils zu 50 % beteiligt waren, übertragen.

Dabei wurde in beiden Fällen dergestalt verfahren, dass sie die Geschäftsbetriebe der KG in die deutsche C- bzw. A-GmbH einbrachten, die die GmbH als Schweizer Zweigniederlassungen weiterführten. Die Übertragung der Geschäftsbetriebe erfolgte im Dezember 1989. Die eingebrachten Aktiven und Passiven wurden dem Vermögen der Schweizer Betriebsstätten zugeordnet. Im Rahmen dieser Einbringungen wurde bei der C- bzw. der A-GmbH mit Gesellschafterbeschluss vom Dezember 1989 das jeweilige Stammkapital im Weg von Sacheinlagen erhöht. Die Kläger zu 1 und 2 haben hierfür entsprechend ihrer jeweils 50%igen Beteiligung an den beiden KGs Gesellschaftsrechte in Höhe von jeweils 2,5 Mio. DM an den GmbHs erhalten.

Der positive Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der geleisteten Sacheinlagen und der Kapitalerhöhung wurde den Darlehenskonten der Gesellschafter jeweils hälftig gutgeschrieben. Die Gesellschafterdarlehen wurden bei den GmbHs passiviert und nicht den Schweizer Betriebsstätten, sondern den deutschen Stammhäusern zugeordnet. Die Darlehen gegenüber der A-GmbH wurden 1989 zunächst mit 1 % über dem Bundesbank-Diskontsatz verzinst, ab 1990 jedoch zinslos gewährt. Gegenüber der A-GmbH wurde von vornherein keine Zinsabsprache getroffen. Schriftliche Darlehensverträge wurden nicht abgeschlossen.

Das FA ordnete die zinslosen Darlehen der Gesellschafter an die A-GmbH und die C-GmbH den jeweiligen Schweizer Betriebsstätten zu, sah darin Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen zum Ausland i.S.d. § 1 AStG und erhöhte dementsprechend die Einkünfte der Kläger aus Kapitalvermögen.

Die dagegen gerichteten Klagen hatten Erfolg (EFG 2002, 381).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Urteile des FG aus den Gründen der Praxis-Hinweise. Der gem. § 1 Abs. 1 AStG erforderliche Auslandsbezug der Geschäftsbeziehungen zu den GmbH fehle.

 

Hinweis

1. Nach § 1 Abs. 1 AStG sind die Einkünfte eines Steuerpflichtigen, der seine Einkünfte aus Geschäftsbeziehungen zu einer ihm nahe stehenden Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG dadurch mindert, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.

2. Nun besteht seit geraumer Zeit beträchtlichen Streit darüber, wann denn nun von derartigen Geschäftsbeziehungen die Rede sein könne. Insbesondere der BFH einerseits und das BMF andererseits sind in dieser Frage einigermaßen über Kreuz: Der BFH begreift den Begriff der Geschäftsbeziehung gewissermaßen materiell-rechtlich und schließt eine solche Beziehung aus, wenn klar auf der Hand liegt, dass die Beziehung zwischen den untereinander nahe stehenden Personen eine gesellschaftliche ist, beispielsweise dann, wenn ein Darlehen unentgeltlich gegeben wird. Vgl. das Urteil vom 29.11.2000, I R 85/99, BFH-PR 2001, 264 im Hinblick auf eine sog. harte Patronatserklärung im Konzern. Demgegenüber knüpft das BMF an die formale Struktur des Vereinbarten an: Sei ein Darlehen- (oder ein anderer schuldrechtlicher) Vertrag abgeschlossen, dann setze dieser Umstand bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG dessen Rechtsfolgen in Gang und führe letztlich zur Einkünftekorrektur. Vgl. BMF, Schreiben vom 17.10.2002, BStBl I 2002, 1025.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das AStG mehrfach gesetzlich nachgebessert, zunächst im Jahr 1992 durch Einfügung einer Begriffsdefinition der Geschäftsbeziehung in § 1 Abs. 4 AStG mittels des StÄndG 1992 vom 25.2.1992 (BGBl I 1992, 297), sodann – wohl immer noch in unzulänglicher Weise – durch das StandOG vom 13.9.1993 (BGBl I 1993, 1569) und schließlich im Jahr 2003 durch das StVergAbG vom 16.5.2003 (BGBl I 2003, 660).

3. Im Urteilsfall war...

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