Leitsatz

Beteiligt sich eine land- und forstwirtschaftlich tätige Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) an einer Tierhaltungsgemeinschaft, sind alle Mitunternehmer der Gesellschaft als (Mit‐)Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Bewertungsgesetzes anzusehen.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 und 5, § 13 Abs. 7, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und d BewG, § 40 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die Kläger (K1 und K2) bewirtschafteten als GbR in den Jahren 2011 bis 2013 (Streitjahre) ca. 200 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. K1 und K2 brachten in die Gesellschaft ihre vollständige Arbeitskraft ein. K2 übertrugen ihr bei Gründung zudem seinen landwirtschaftlichen Betrieb (Maschinen, Feldinventar, Vieh und Vorräte). Die GbR war auf ausschließlich angepachteten Flächen im Bereich der Milchviehhaltung sowie der Putenmast tätig und erzielte daraus Einkünfte aus LuF.

Zum 1.11.2011 gründeten die GbR als Komplementärin und der Beigeladene (B) als Kommanditist die K1/K2/B Tierhaltung KG (KG). Die GbR brachte 150 Vieheinheiten in die KG ein, B 280 Vieheinheiten.

Auf die Feststellungserklärungen der KG stellte das FA zunächst für die Streitjahre erklärungsgemäß negative Einkünfte aus LuF fest. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Ansicht, die KG habe in den Streitjahren keine Einkünfte nach § 13 EStG, sondern aus § 15 EStG erzielt; für die Verluste gelte das Ausgleichs- und Abzugsverbot nach § 15 Abs. 4 EStG. Die Voraussetzungen von § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BewG seien nicht erfüllt.

Das FA erließ auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen für die Streitjahre im Oktober 2017 entsprechende Änderungsbescheide, in denen es Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte. Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren von K1 und K2 erhobenen Klage statt. die KG habe in den Streitjahren – wie erklärt – negative Einkünfte aus einer land- und forstwirtschaftlichen Tierhaltung erzielt (FG Münster, Urteil vom 26.1.2022, 7 K 896/19 F, Haufe-Index 15078534, EFG 2022, 471).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehören nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG zu den Einkünften aus LuF, wenn die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind.

2. Im Revisionsverfahren stand letztlich nur (noch) das Erfordernis des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG in Streit. Danach müssen alle Gesellschafter Inhaber eines Betriebs der LuF mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen sein, wobei § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG dabei kein bewertungsrechtliches "tatsächliches", sondern ein ertragsteuerrechtliches Verständnis zugrunde zu legen ist (BFH, Urteil vom 18.11.2020, VI R 39/18, BFH/NV 2021, 695, m. w. N.).

3. Deshalb kann auch eine landwirtschaftlich tätige Personengesellschaft Inhaberin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein. Ihre Gesellschafter sind als Mitunternehmer Inhaber (Mitinhaber) dieses Betriebs i. S. v. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG (BFH, Urteil vom 16.5.2018, VI R 45/16, BFH/NV 2018, 118, m. w. N. und BFH, Urteil vom 27.11.2019, II R 43/16, BFH/NV 2020, 793).

4. Wird der land- und forstwirtschaftliche Betrieb von einer Personengesellschaft oder von einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft betrieben, ist allerdings Voraussetzung, dass alle Mitunternehmer der Tierhaltungsgemeinschaft beitreten oder gemeinsam einen Anteil übernehmen. Denn die auf die Tierhaltungsgemeinschaft zu übertragenden Vieheinheiten stehen nicht dem einzelnen Gesellschafter oder Gemeinschafter (Mitunternehmer), sondern der Gesellschaft oder Gemeinschaft (Mitunternehmerschaft) zu (BFH, Urteil vom 18.11.2020, VI R 39/18, BFH/NV 2021, 695, m. w. N.).

5. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen der § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG i. V. m. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG im Streitfall erfüllt sind, weil alle Gesellschafter der KG, d. h. die GbR und B Inhaber eines Betriebs der LuF mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen waren und diese die sich für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise auf die KG übertragen hatten.

a) Das FG hat festgestellt, dass die GbR auf gepachteten landwirtschaftlichen Flächen in den Bereichen der Milchviehhaltung und Putenmast tätig war und den Betrieb daher auf selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen geführt hat. Sie ist deshalb nach dem aufgezeigten ertragsteuerlichen Verständnis des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG als Inhaberin des von ihr betriebenen Betriebs anzusehen. Aufgrund ihrer Beteiligung als Mitunternehmer der landwirtschaftlich tätigen GbR waren aber auch die Klä...

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