Leitsatz
Räumt der Produzent eines Spielfilmes (Lizenzgeber) dem Filmverleiher (Lizenznehmer) auch das Recht ein, den lizensierten Film in einer anderen Sprache zu synchronisieren oder zu untertiteln und diese Filmversion zu verwerten, handelt es sich nicht im Sinne der Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG um eine Lizenz, die ausschließlich dazu berechtigt, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte).
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG, § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 3 Satz 1, §§ 15ff., § 23 Satz 1 UrhG
Sachverhalt
Die klagende GmbH betreibt einen "Filmverleih". Sie erwirbt Filmlizenzen von Filmproduzenten, die sie wiederum im Wesentlichen Kinobetreibern überlässt. Fremdsprachige Filme werden entweder deutsch synchronisiert oder deutsch untertitelt. Die Synchronisierung oder Untertitelung, soweit notwendig, besorgt zum Teil der Lizenzgeber, zum Teil die Klägerin.
Die Lizenzverträge für Filme, deren Untertitelung oder Synchronisation durch die Klägerin erfolgte, ist auf ... Jahre und auf Deutschland und Österreich sowie Versionen mit Untertitelung oder Synchronisation in deutscher Sprache beschränkt. Die Lizenzgebühren sind durch einen komplizierten mehrstufigen Mechanismus bestimmt.
Die GewSt-Erklärungen der Klägerin für 2014 und 2015 enthielten keine Hinzurechnungen wegen Aufwendungen für die befristete Überlassung von Lizenzen.
Im Rahmen einer Außenprüfung kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die Lizenzen (Filme) verändert habe, indem sie Untertitel, Bonusmaterial u. Ä. hinzugefügt habe. Durch die Übersetzung und Synchronisation sei ein neues Produkt (Film in Landessprache) hergestellt worden. Deshalb sei der Ausnahmetatbestand für Durchleitungsrechte nicht erfüllt.
Die Klage gegen die entsprechend geänderten GewSt-Messbescheide für 2014 und 2015 hatte Erfolg, sodass die Hinzurechnung von "Aufwendungen für die befristete Überlassung von Rechten – insbesondere Konzessionen und Lizenzen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG)" entfiel (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.12.2020, 10 K 10003/19, Haufe-Index 14370573, EFG 2021, 171).
Entscheidung
Die Revision des FA führte zur Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage als unbegründet.
Hinweis
1. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) ein Viertel eines Viertels der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten hinzugerechnet, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG). Zu den Rechten, die durch eine Lizenz überlassen werden können, gehören auch Urheberrechte.
2. Das Recht der Klägerin, jeweils einen bestimmten Film in einem bestimmten Gebiet während der Lizenzdauer in grundsätzlich exklusiver Weise über verschiedene Kanäle zu vertreiben und dabei zu untertiteln und zu synchronisieren, ist eine zeitlich befristete und keine endgültige Rechteüberlassung.
3. Der BFH hat sich bereits in einer Entscheidung (BFH, Urteil vom 19.12.2019, III R 39/17, BFH/NV 2020, 739, BFH/PR 2020, 219, betr. Sortenschutzrecht) mit der Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG befasst. Diese betrifft sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte und setzt voraus, dass der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt oder verändert oder bearbeitet, sondern sie unverändert weitergibt; nur dann ist er einem Handelsvertreter gleichzustellen.
Die Klägerin hatte hier aber nicht nur das Recht zum Vertrieb des jeweiligen Films erhalten, sondern durfte auch bearbeitete (untertitelte oder synchronisierte) Vervielfältigungsstücke des geschützten Werkes herstellen und verwerten. Unschädlich für die Annahme einer reinen Vertriebslizenz sind aber nur Befugnisse, die unmittelbar mit dem Vertrieb zusammenhängen (z. B. Überlassung des lizenzierten Textes als Druckversion, Installation der lizenzierten Software auf einem PC). Aufgrund des eindeutigen Ausschließlichkeitskriteriums erfüllen selbst Bearbeitungen und Veränderungen von geringem Gewicht oder Umfang den Ausnahmetatbestand nicht.
4. Werden sowohl Vertriebsrechte als auch andere Rechte in einem gemischten Vertrag übertragen und wird ein einheitliches Entgelt entrichtet, begründet dies einen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot, sodass die Ausnahmeregelung nicht mehr anwendbar ist.
5. Der BFH begibt sich ausführlich in die Tiefen des Urheberrechts und kommt zu dem – den urheberrechtlichen Laien nicht überraschenden – Ergebnis, dass bei Untertitelung oder Synchronisierung durch schöpferische Bearbeitung ein anderes – wiederum urheberrechtlich geschütztes – Werk entsteht, weil bei vertonten Filmen der Bild- und Tonteil eine Werkeinheit, das Gesamtkunstwerk "Film", bildet. Der Klägerin wurden daher keine reinen Vertriebslizenzen eingeräumt; über die abgestuften Vergütungsregelungen trug sie auch das unternehmerische Risiko hinsichtlich des Erfolgs der...