Leitsatz
1. Der Gewinn (Differenz zwischen [Rück-]Kaufpreis und Anschaffungskosten) aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung ist kein lohnsteuerbarer Vorteil, auch wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung an seinem Arbeitgeber zuvor verbilligt erworben hat.
2. Ein lohnsteuerbarer Vorteil kann nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer aus der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung einen durch das Arbeitsverhältnis veranlassten marktunüblichen Überpreis erzielt.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38a Abs. 1 Sätze 2 und 3, § 8 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war in leitender Position bei der A-GmbH beschäftigt. Die Anteile an der A-GmbH wurde von der Y-AG gehalten, welche von einer Investorengruppe mittelbar über mehrere Tochtergesellschaften, letztlich über die S-Kapitalgesellschaft, mit dem Ziel erworben wurde, diese nach einer Umstrukturierung an die Börse zu bringen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ausgesuchten Führungspersonen der A-GmbH (Managern), darunter auch dem Kläger, die Möglichkeit eingeräumt, sich an dem Investment über ein sog. Managementbeteiligungsprogramm zu beteiligen. Dazu wurde den Managern im September 2006 u.a. die Beteiligung an einer sog. Manager-KG ermöglicht, die ihrerseits Anteile an der S-Kapitalgesellschaft erwarb.
Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage von 25.000 EUR an der KG und war – vermittelt durch diese – mit ca. 0,15 % an der S-Kapitalgesellschaft beteiligt. Tatsächlich konnte die Y-AG nach Jahresfrist 2007 (Streitjahr) erfolgreich an der Börse platziert werden. Wie zuvor vertraglich vereinbart, schied die Manager-KG nach dem Börsengang wieder aus der S-Kapitalgesellschaft aus und erhielt dafür die ihrem Anteil entsprechenden Aktien an der Y-AG. Entsprechend seiner Kommanditbeteiligung wurden sodann dem Kläger Aktien der Y-AG im Wert von über 3.000.000 EUR in sein Depot übertragen. Das FA behandelte die Differenz aus Aktienwert ([Rück-]Kaufpreis) und Kommanditeinlage (Anschaffungskosten) als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt. Der Erlös aus der Veräußerung der über die Manager-KG gehaltenen Anteile an S stelle keinen geldwerten Vorteil bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit dar und sei auch nach keiner anderen Einkunftsart steuerbar (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.2.2020, 2 K 1774/17, Haufe-Index 13938669).
Entscheidung
Die Revision des FA hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Hinweis
1. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
a) Der hiernach für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zunächst erforderliche geldwerte Vorteil liegt insbesondere im Falle der Übertragung einer Beteiligung nicht in der übertragenen Beteiligung selbst. Er besteht – auch soweit der Erwerb einer Mitarbeiterbeteiligung in Rede steht – vielmehr in der Verbilligung, also in dem Preisnachlass. Der Erwerb einer solchen Beteiligung zum marktüblichen Preis kann hingegen keinen geldwerten Vorteil in diesem Sinne bewirken.
b) Dementsprechend begründet auch die marktübliche Veräußerung einer Beteiligung durch den Arbeitnehmer keinen geldwerten Vorteil. Ein solcher kann nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer bei der Veräußerung einen marktunüblichen Überpreis erzielt.
2. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender (Sonderrechts-)Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.
a) Von einem solchen (arbeitslohnauschließenden) Sonderrechtsverhältnis ist vorliegend auszugehen. Denn die Beteiligung des Klägers an der Manager-KG und die dadurch vermittelte (mittelbare) Beteiligung am Arbeitgeber ist zivilrechtlich wirksam begründet worden.
b) Dadurch veranlasste Erwerbseinnahmen werden nicht "für" eine Beschäftigung gewährt und stellen folglich keinen Arbeitslohn dar. Erträge (zum Beispiel in Form von Gewinnausschüttungen oder Veräußerungsgewinnen), die der Steuerpflichtige aus einer solchen Beteiligung erzielt, sind daher – selbst wenn die Beteiligung am Unternehmen seines Arbeitgebers besteht – nicht nach § 19 EStG, sondern allein nach den insoweit einschlägigen Tatbeständen des EStG (insbesondere §§ 17, 20, 23 EStG) steuerbar.
c) Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger die (Kapital-)Beteiligung zuvor verbilligt erworben haben sollte. Ist der verbilligte Erwerb durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, führt dies zu einem lohnsteuerbaren Vorteil, der bei Zufluss als Arbeitslohn zu versteuern ist. Damit ist der Erwerbsvorgang steuerlich abgeschlossen. Erwerb und Veräußerung einer (Kapital-) Beteiligung (am Arbeitgeber) sind zwei unterschiedlich...