Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
2.1.1 Staffelform
Rz. 9
Die IFRS-Gesamtergebnisrechnung wird aufgrund der durch IFRS 18 vorgeschriebenen Kategorien und dem grundsätzlich auszuweisenden Zwischenergebnis "Ergebnis vor Finanzierung und Ertragsteuern" ausschließlich in Staffelform aufgestellt, die jedoch auch zuvor üblich war. Die Staffelform wird zudem durch Beispiel-Gesamtergebnis- bzw. Beispiel-GuV-Rechnungen in IFRS 18. Illustrative Examples 9–13 bestätigt.
2.1.2 Bruttoprinzip bzw. Saldierungsverbot
Rz. 10
Für die IFRS-Gesamtergebnisrechnung gilt grundsätzlich das Bruttoprinzip. Dieses ist in IFRS 18.44 verankert. Erträge und Aufwendungen dürfen nicht miteinander saldiert werden, soweit nicht die Saldierung von einem Standard (bzw. einer diesem gleichwertigen Interpretation) gefordert oder erlaubt wird. Allerdings wird das Bruttoprinzip sowohl im GuV-Abschnitt als auch insbesondere im sonstigen Gesamtergebnis (z. B. Möglichkeit des Ausweises sämtlicher im sonstigen Gesamtergebnis erfassten Aufwendungen und Erträge mit ihrem Effekt nach (Ertrag-)Steuern) nicht unerheblich eingeschränkt.
Rz. 11
Die bedeutendsten Einschränkungen des Bruttoprinzips in der IFRS-GuV-Rechnung bzw. im GuV-Abschnitt der Gesamtergebnisrechnung enthalten IFRS 18. Appendix B 27 und IFRS 18. Appendix B 28.
In allgemeiner Formulierung sind Saldierungen nach IFRS 18. Appendix B 27 Satz 5 immer dann nicht nur zulässig, sondern sogar zwingend geboten, wenn durch die Saldierung der Gehalt des Geschäftsvorfalls zutreffend widergespiegelt wird. Im Einzelnen lassen sich hierfür folgende Beispiele anführen:
- Saldierung von Preisnachlässen und Mengenrabatten mit den Umsatzerlösen gemäß IFRS 18. Appendix B 27 Satz 3..
- Saldierung der Erlöse aus der Veräußerung langfristiger Vermögenswerte mit den Buchwerten der veräußerten Vermögenswerte und den damit im Zusammenhang stehenden Veräußerungskosten sowie Ausweis – je nach Vorzeichen – eines Gewinns oder eines Verlusts gemäß IFRS 18. Appendix B 27 Satz 6 a).
- Saldierung der Erträge aus Erstattungsansprüchen mit den zugehörigen Ausgaben aus Verpflichtungen; hiervon unberührt sind jedoch der jeweilige Bruttoausweis der Ansprüche und Verpflichtungen in der IFRS-Bilanz gesondert auszuweisen.
- Wertaufholungen auf Vorräte sind als Korrektur von Wertminderungen zu verstehen und mit der Aufwandsposition zu verrechnen, in welcher der Materialaufwand erfasst wird. Dementsprechend sind z. B. Wertaufholungen auf Rohstoffe bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens grundsätzlich mit den Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens mit den Umsatzkosten zu verrechnen.
- Saldierung von Wertminderungsaufwendungen und Wertaufholungen auf finanzielle Vermögenswerte, welche dem Wertminderungsmodell des IFRS 9. Kap. 5.5 unterliegen.
- Saldierung positiver und negativer Ergebnisse aus den at Equity bewerteten Beteiligungen.
Trotz der Aufzählung der Ausnahmen vom Saldierungsverbot in IFRS 18. Appendix B 27 ist zweifelhaft, ob diese Aufzählung der Erträge und Aufwendungen abschließend ist.
Rz. 12
Eine weitgehende und allgemeine Verrechnungsvorschrift für Erträge und Aufwendungen, die aus einer Gruppe ähnlicher Geschäftsvorfälle ("similar transactions") entstehen, enthält IFRS 18. Appendix B 28 Satz 1. Als Beispiel nennt IFRS 18. Appendix B 28 Satz 1 Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung sowie Gewinne und Verluste aus zu Handelszwecken gehaltenen Finanzinstrumenten, sofern die Gewinne und Verluste in derselben Kategorie der GuV-Rechnung bzw. Gesamtergebnisrechnung erfasst werden. Als weitere mögliche Beispiele für eine saldierte Darstellung nennen Lüdenbach/Freiberg/Hoffmann
Gewinne und Verluste aus dem Abgang von Anlagevermögen, Zuführungen und Auflösungen von Rückstellungen und die Saldierung von Erhöhungen und Verminderungen von Wertberichtigungen auf Forderungen. Da IFRS 18. Appendix B 28 nicht die sachliche Reichweite der ähnlichen Geschäftsvorfälle ("similar transactions") definiert, bleibt der genaue Regelungsgehalt dieser Vorschrift weiterhin auslegungsfähig.
Allerdings müssen die in die Verrechnung eingehenden Gewinne und Verluste im Anhang angegeben werden, wenn eine solche Aufgliederung eine wesentliche Information darstellt.
Rz. 13
Noch stärkere Einschränkungen des Bruttoprinzips treten innerhalb des sonstigen Gesamtergebnisses auf. So schreibt IFRS 18.89 für die Darstellung der vollkonsolidierten Unternehmen im Konzernabschluss bzw. für den separaten Einzelabschluss nur vor, dass innerhalb der Unterabschnitte des sonstigen Gesamtergebnisses die einzelnen Posten nach Arten offenzulegen sind. Dies schließt insbesondere nicht nur die Saldierung von Erträgen und Aufwendungen in jedem darzustellenden Posten (z. B. Saldierung von Erträgen und Aufwendungen aus den erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten finanziellen Vermög...