Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
Rz. 293
Erfüllt ein Steuerpflichtiger die Voraussetzungen des § 5a EStG, so ist er – sofern er einen entsprechenden Antrag gestellt hat – grundsätzlich für 10 Jahre an die Gewinnermittlung nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage verpflichtet (§ 5a Abs. 3 Satz 7 EStG). Nach Ablauf dieses Zeitraums kann der Steuerpflichtige seinen Antrag gemäß § 5a Abs. 3 Satz 8 EStG bis zum Ende eines jeden Jahres zurücknehmen, um somit seinen Gewinn wieder nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln. Nach Rücknahme des Antrags ist der Steuerpflichtige ausweislich § 5a Abs. 3 Satz 9 EStG an die Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften ebenfalls 10 Jahre gebunden. Während § 5a EStG nur das Verhältnis zwischen der Tonnagebesteuerung und der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich betrachtet, sollte ein Wechsel zur Einnahmenüberschussrechnung zumindest indirekt möglich sein. Der Gesetzeswortlaut fordert lediglich eine Bindung an die "allgemeinen Vorschriften" der Gewinnermittlung, nicht jedoch an den Betriebsvermögensvergleich.
Rz. 294
Der Gesetzeswortlaut zur Rücknahme des Antrags in § 5a Abs. 3 Satz 8 EStG ist nicht ganz eindeutig, sodass die Auffassung vertreten werden könnte, der Antrag könne nur mit Wirkung ab dem jeweils folgenden Jahr zurückgenommen werden. Folglich wäre der Steuerpflichtige insgesamt für 11 Jahre an die Gewinnermittlung nach § 5a EStG gebunden (10-jährige Bindungsfrist zzgl. Jahr, in dem der Antrag für das "Folgejahr" gestellt wird). Richtigerweise ist die Formulierung "jedes folgenden Wirtschaftsjahres" dahingehend zu interpretieren, dass nach Ablauf der 10-jährigen Bindungsfrist der Antrag in jedem Jahr zurückgenommen werden kann und nicht nur im ersten Jahr nach Ablauf der Bindungsfrist. Der Antrag kann jeweils bis zum Ende des Wirtschaftsjahres gestellt werden und entfaltet seine Wirkung rückwirkend ab Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahres. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 5a Abs. 3 Satz 9 EStG.
Ungeachtet der eigentlich 10-jährigen Bindungswirkung der Gewinnermittlung nach § 5a EStG erfolgt eine vorzeitige Rückkehr zur Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften, sofern die Voraussetzungen des § 5a Abs. 1 EStG nicht mehr erfüllt sind. Dabei ist es unbeachtlich, aus welchen Gründen die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, sodass auch ein durch den Steuerpflichtigen bewusst herbeigeführter Wegfall der Voraussetzungen zur Beendigung der Tonnagebesteuerung führt.
Rz. 295
Der zuvor beim Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur Tonnagebesteuerung gemäß § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG zu bildende Unterschiedsbetrag, welcher die stillen Reserven beinhaltet, die vor der Anwendung des § 5a EStG entstanden sind, ist nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 EStG nach Beendigung der Tonnagebesteuerung dem Gewinn hinzuzurechnen. Dabei ist eine Verteilung auf bis zu 5 Wirtschaftsjahre möglich. Der Unterschiedsbetrag ist dem laufenden Gewinn zuzurechnen, folglich sind die Vergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG auf den Unterschiedsbetrag bei Betriebsveräußerung/-aufgabe vor Ablauf der 5 Jahre nicht anwendbar. Der Unterschiedsbetrag gilt gemäß § 7 Satz 3 GewStG als Gewerbeertrag. Eine Kürzung, insbesondere durch § 9 Nr. 3 GewStG, kommt dabei nicht in Betracht.
Rz. 296
Während die stillen Reserven, die vor der Anwendung der Tonnagebesteuerung entstanden sind, durch § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 EStG bei der Rückkehr zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich der Besteuerung unterliegen sollen, sorgt § 5a Abs. 6 EStG dafür, dass die stillen Reserven, die während der Anwendung der Tonnagebesteuerung entstanden sind, nicht der Besteuerung unterworfen werden. Zu diesem Zweck sind alle Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres, in dem letztmalig die Tonnagebesteuerung erfolgt, mit dem Teilwert anzusetzen. Der sich aus einer ggf. erforderlichen Zuschreibung ergebende Gewinn entfällt somit auf den Zeitraum, in dem der Gewinn noch nach § 5a EStG ermittelt wird und ist folglich durch die Tonnagebesteuerung abgegolten. Ob der nach § 5a Abs. 6 EStG angesetzte Teilwert im Folgenden auch als Bemessungsgrundlage für die zukünftigen Abschreibungen gilt, war indes umstritten. Teile des Schrifttums wie auch die Finanzverwaltung vertraten die Ansicht, die in den Schattenbilanzen fortgeführten Werte seien als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Der BFH ist hingegen der h. M. der Literatur gefolgt und hat im Wege einer Einlagefiktion den Teilwert als Bemessungsgrundlage bestätigt.
Mit dem JStG 2019, BGBl 2019 I S. 2451, hat der Gesetzgeber § 5a Abs. 6 EStG um einen zweiten Satz ergänzt, der die Verwaltungsauffassung in Bezug auf abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gesetzlich festschreibt, sodass in diesen Fällen für die weitere Abschreibung die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen sind. Damit soll verhindert werden, dass eine Auf...