Leitsatz
1. Der durch Betriebsvermögensvergleich zu ermittelnde Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks ist mit Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auf den Käufer auch dann realisiert, wenn Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr vertragsgemäß erst später übergehen; der Veräußerer bleibt nach dem Eigentumserwerb des Käufers regelmäßig nicht wirtschaftlicher Eigentümer.
2. Betreibt eine GmbH eine Gaststätte, so können die bei einer Nachkalkulation festgestellten Fehlbeträge dem Gesellschafter der GmbH nur dann als vGA zugerechnet werden, wenn festgestellt wird, dass dieser oder ihm nahe stehende Personen das Geld erhalten haben.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG, § 8 Abs. 3 KStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte ein Grundstück erworben, auf dem er eine Sportanlage mit Gaststätte errichtete. Die Anlage verpachtete er an eine GmbH, deren Geschäftsführer er war. 1993 veräußerte er das Grundstück. Der Käufer wurde noch 1993 im Grundbuch eingetragen. Auch der Kaufpreis wurde 1993 bezahlt. Das Grundstück wurde vereinbarungsgemäß erst 1994 übergeben.
Das FA sah den Kläger aufgrund seiner Treuhandstellung als Gesellschafter der GmbH an und ging von einer Betriebsaufspaltung aus. Die Fehlbeträge, die es im Betrieb der Gaststätte feststellte, rechnete es dem Kläger als vGA zu. Den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung erfasste es beim Kläger im Hinblick auf den Zeitpunkt der Übergabe im Jahr 1994.
Entscheidung
Der BFH lehnte eine vGA ab, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich das Bedienungspersonal aus den Bareinnahmen "bediente" oder mit den Fehlbeträgen zusätzlich entlohnt wurde. Der Veräußerungsgewinn aus dem Grundstücksverkauf ist nicht 1994, sondern im Vorjahr zu erfassen, da mit der Grundbucheintragung bereits 1993 das zivilrechtliche Eigentum übergegangen war.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft zwei Bereiche:
1. Betreibt eine GmbH eine Gaststätte, können die bei einer Nachkalkulation festgestellten Fehlbeträge als vGA ihr Einkommen erhöhen. Sind die Beträge den Gesellschaftern oder ihnen nahe stehenden Personen zugeflossen, werden sie bei den Gesellschaftern als Einnahmen aus Kapitalvermögen oder, wenn die Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten wird, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst. Die Zurechnung bei der GmbH aufgedeckter Fehlbeträge beim Gesellschafter setzt daher die Feststellung voraus, dass der Gesellschafter oder ihm nahe stehende Personen die Gelder an sich genommen haben. Lässt sich dies nicht feststellen, scheidet eine Zurechnung als vGA aus.
Besteht nach dem gegebenen Sachverhalt die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Fehlbeträge ihre Ursache darin haben, dass sich das – dem Gesellschafter nicht nahe stehende – Bedienungspersonal aus den Bareinnahmen der Gaststätte zulasten der GmbH bereichert hat, scheidet daher eine Zurechnung als vGA aus.
Ebenso scheidet eine vGA aus, wenn die Fehlbeträge als zusätzliche Entlohnung der im Gaststättenbetrieb Beschäftigten verwandt wurden. Da dem Gesellschafter aus einer zusätzlichen Entlohnung, soweit sie nicht unangemessen ist, kein Vorteil erwächst, kann er insoweit auch nicht Empfänger einer vGA sein.
2. Bei der Veräußerung eines Grundstücks erwirbt der Käufer regelmäßig wirtschaftliches Eigentum in dem Zeitpunkt, zu dem in Vollzug des Kaufvertrags Besitz, Nutzungen und Lasten auf ihn übergehen, d.h. der Käufer wird wirtschaftlicher Eigentümer, bevor er zivilrechtliches Eigentum erworben hat. Denn das zivilrechtliche Eigentum geht erst mit der dem Kaufvertrag regelmäßig nachfolgenden Umschreibung des Grundbuchs, auf deren zeitlichen Vollzug die Vertragsbeteiligten nur beschränkt Einfluss haben, über.
Dementsprechend tritt die Forderung aus dem Verkauf bereits mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Käufer an die Stelle des verkauften Grundstücks mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung realisiert ist.
Dies betrifft jedoch nur den Regelfall, dass das Grundstück vor der Grundbucheintragung übergeben wird. Anders ist es, wenn die Übergabe des Grundstücks nicht vor, sondern erst nach der Eintragung des Käufers im Grundbuch erfolgt, wenn der Besitz somit nach dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums vereinbarungsgemäß vom Verkäufer zurückbehalten wird und die Grundstückslasten und Gefahr erst später übergehen sollen.
Dann steht schon mit der Grundbucheintragung, d.h. mit dem Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums durch den Käufer, der Kaufpreisforderung des Verkäufers nichts mehr entgegen, so dass der Gewinn spätestens mit der Grundbucheintragung realisiert ist. Ist der Bilanzstichtag berührt, hat der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung Bedeutung für die Frage, in welchem Wirtschaftsjahr der Veräußerungsgewinn anzusetzen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.5.2006, III R 25/05