[1] Absatz 1 entspricht im Grundtatbestand im Wesentlichen § 10 Abs. 1 BDSG, eingeschränkt auf die in § 35 SGB I genannten Stellen, und die diesen nach § 69 Abs. 2 und 3 SGB X gleichgestellten Einrichtungen und Stellen.
[2] Die Zulässigkeit des Verfahrens steht unter drei Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, wobei die erste Voraussetzung eine sachliche Eingrenzung der Zulässigkeit beinhaltet. Danach ist das Verfahren nur zulässig
- soweit es unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Betroffenen,
- wegen der Vielzahl der Übermittlungen oder wegen ihrer besonderen Eilbedürftigkeit angemessen ist, und
- die jeweiligen Aufsichtsbehörden die Teilnahme der unter ihrer Aufsicht stehenden Stellen genehmigt haben.
[3] Dieses letzte Erfordernis wird bei Beteiligung mehrerer Aufsichtsbehörden nur dann erfüllt sein, wenn alle Aufsichtsbehörden die Genehmigung erteilt haben.
[4] Ausgehend vom besonderen Schutzzweck des § 79 SGB X liegt ein Abrufverfahren nur dann vor, wenn es sich um Online-Anschlüsse handelt und diese in der Art benutzt werden, dass der Abrufende die aus einem definierten Datenbestand für seine Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten auswählt und einsieht oder abruft, er also Verfügungsgewalt über die Daten erhält. Der Abruf kann hierbei sowohl als Einzelabruf als auch durch den Abruf eines Gesamtdatenbestandes bzw. einer Datei zusammenhängender Daten (sog. Stapelverarbeitung) erfolgen. Bei dem Abrufenden muss es sich um eine Stelle im Sinne des § 35 SGB I handeln, wobei auch die Einrichtungen und Stellen nach § 69 Abs. 2 und 3 SGB X erfasst sind.
[5] Für das Abrufverfahren muss ausgehend von den Aufgaben der beteiligten Stellen ein Bedarf bestehen wegen einer Vielzahl von Übermittlungen oder wegen ihrer besonderen Eilbedürftigkeit.
[6] Die Angemessenheit als Zulässigkeitserfordernis setzt weiterhin eine Güterabwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip voraus. Neben der Feststellung eines Bedarfs für das Abrufverfahren muss im Einzelfall eine Abwägung stattfinden zwischen den Interessen der am Abruf beteiligten Stellen an einer effektiven Zusammenarbeit und den schutzwürdigen Interessen der Betroffen. Entscheidend sind hierbei vor allem die besonderen Gefahren oder Risiken für den Betroffenen unter Berücksichtigung der getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen. Insbesondere die Sensibilität der zum Abruf bereitgestellten Daten, die Art des Abrufs, die Zahl der Abrufberechtigten und der Umfang der Zugriffsrechte der abrufberechtigten Stellen sind hierbei zu betrachten und zu würdigen.
[7] Zulässigkeitsvoraussetzung eines Abrufverfahrens ist schließlich die Genehmigung der jeweiligen Aufsichtsbehörde. Gemeint ist die vorherige Zustimmung.
[8] Unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung verweigert werden kann (nur aus Rechtsgründen oder auch aus Zweckmäßigkeitsaspekten), richtet sich nach dem Umfang der jeweiligen Aufsichtsrechte.