Mehrere Gründe
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist (§ 16 InsO). Als solcher kommt in Betracht:
Gegebenenfalls muss auch die Forderung des die Eröffnung beantragenden Gläubigers feststehen, wenn davon der Insolvenzgrund abhängt.
5.1 Zahlungsunfähigkeit
Hauptgrund
Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit, also das Unvermögen des Schuldners, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 InsO). Diese Regelung klingt einfach und klar, ist jedoch im Einzelnen recht umstritten.
5.1.1 Fälligkeit der Forderung
Enger Begriff
Der BGH hat den Begriff der Fälligkeit eingeengt:
- Eine Forderung ist in der Regel dann i. S. v. § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt.
- Forderungen, deren Gläubiger sich für die Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit einer späteren oder nachrangigen Befriedigung einverstanden erklärt haben, sind bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht zu berücksichtigen.
Der Begriff der Fälligkeit gem. § 17 Abs. 2 InsO ist mithin anders auszulegen als der allgemeine zivilrechtliche Fälligkeitsbegriff. Zivilrechtlich ist die Fälligkeit einer Forderung etwa Voraussetzung für den Schuldnerverzug und die Erhebung der Leistungsklage. Insolvenzrechtlich geht es um den Zeitpunkt, von dem an im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung eine Gesamtvollstreckung zu erfolgen hat. Um Fälligkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 InsO bejahen zu können, muss der Gläubiger daher nach Ansicht des BGH nicht nur Zahlung verlangen können, sondern die Forderung auch tatsächlich "ernsthaft eingefordert" haben. Danach soll eine Zahlungsaufforderung, etwa die Übersendung einer Rechnung, ausreichend, aber auch erforderlich sein.
Ein "ernstliches Einfordern" liegt hingegen dann nicht vor, wenn der Gläubiger in eine spätere oder nachrangige Befriedigung einwilligt. Im konkreten Fall sah der BGH die Forderung einer Steuerberaterin als nicht fällig an, weil diese sich mit dem Schuldner darüber geeinigt hat, dieser solle die Forderung "im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten" begleichen.
5.1.2 Zahlungseinstellung
Abgrenzung zur Zahlungsstockung
Diese Zahlungsunfähigkeit muss allerdings von Dauer sein; eine bloße Zahlungsstockung reicht nicht aus. Die Zahlungsunfähigkeit ist von der vorübergehenden Zahlungsstockung wie folgt abzugrenzen:
- Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen 3 Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.
- Beträgt eine innerhalb von 3 Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.
- Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.
Warum der Schwellenwert bei 10 % liegt und was unter "demnächst" zu verstehen ist, sagt der BGH nicht. Gleichwohl wird es für mehr Rechtssicherheit bei der Anwendung derjenigen Regelungen sorgen, die insbesondere im Gesellschafts- und Insolvenzrecht auf den Begriff der Zahlungsunfähigkeit abstellen.
Begleicht der Schuldner einen maßgeblichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht, hat er die Zahlungen eingestellt. Diese Feststellung kann auch mithilfe von Indiztatsachen erfolgen.
Indizien
Im Übrigen sprechen folgende Umstände für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners:
- Einstellung des Geschäftsbetriebs,
- die schleppende Zahlung von Löhnen und Gehältern,
- mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen,
- Haftbefehle zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung,
- häufige Zwangsvollstreckungen wegen unstreitiger Forderungen.
Wegfall
Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wird grundsätzlich erst beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden; dies hat derjenige zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall der Zahlungseinstellung beruft.