Leitsatz
Gehen Grundstücke im Wege der Spaltung durch Ausgliederung auf einen anderen Rechtsträger über (vgl. §§ 123 UmwG), so unterliegt nicht bereits der entsprechende Ausgliederungsvertrag der Grunderwerbsteuer, sondern erst der Übergang des Eigentums, der durch die Eintragung ins Handelsregister bewirkt wird. In diesem Zeitpunkt entsteht auch die Steuer. Da zwischen dem Vertragsabschluss und der Registereintragung häufig mehrere Monate vergehen, kann dies bei zwischenzeitlichen Änderungen des GrEStG dazu führen, dass auf den Erwerbsvorgang das neue (ggf. ungünstigere) Recht anzuwenden ist. Dementsprechend hat das Hessische FG entschieden, dass auf eine 1996 rechtsgeschäftlich vereinbarte und 1997 ins Handelsregister eingetragene Ausgliederung der durch Artikel 7 Nr. 6 JStG 1997erhöhte Steuersatz von 3,5 v.H. zur Anwendung kommt.
Sachverhalt
Eine Stadt übertrug mit Vertrag vom 4.12.1996 das gesamte Vermögen ihres Bäderbetriebs im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme auf die Klägerin und erhielt dafür einen neuen Geschäftsanteil an der Klägerin. Als Ausgliederungsstichtag war der 31.12.1996 vereinbart. Sowohl die Stadtverordnetenversammlung als auch die Gesellschafterversammlung der Klägerin hatten der Ausgliederung bzw. den Vereinbarungen noch im Jahr 1996 zugestimmt. Die Änderung des Gesellschaftsvertrags sowie die Erhöhung der Stammeinlage wurden am 19.6.1997 ins Handelsregister eingetragen. Das Finanzamt (Beklagte) sah in der Ausgliederung einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG und unterwarf die ermittelte Gegenleistung mit dem ab 1997 geltenden (höheren) Steuersatz von 3,5 v.H. der Grunderwerbsteuer. Dagegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage. Nach ihrer Auffassung ist die Steuer zwar erst mit dem Handelsregistereintrag entstanden. Maßgebend für die Höhe des Steuersatzes sei jedoch die mit der Beurkundung des Ausgliederungsvertrags und der Zustimmung der Gesellschafterversammlung noch im Jahr 1996 erfolgte Verwirklichung des Erwerbsvorgangs.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Erwerbsvorgang nicht bereits im Jahr 1996 mit der Folge der Anwendung des bis Ende 1996 geltenden niedrigeren Steuersatzes von 2 v.H. verwirklicht. Zwar sei ein Erwerbsvorgang nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Sinne von § 23 GrEStG verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Beteiligten im Verhältnis zueinander gebunden sind (vgl. BFH, Urteil v. 8.2.2000, BStBl 2000 II S. 318 m.w.N.). Auch seien der Spaltung und Ausgliederung zweifelsohne Vereinbarungen und Beschlüsse der städtischen Gremien sowie der Gesellschafter der Klägerin vorausgegangen. Diese seien aber auf eine Änderung der rechtlichen Organisation des Bäderbetriebs der Stadt gerichtet und nicht auf eine Eigentumsverschaffung aufgrund Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Bei einem Spaltungsvorgang komme § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG zur Anwendung, da das Eigentum kraft Gesetzes aufgrund der Eintragung im Handelsregister übergehe. Der vorliegende Erwerbsvorgang sei somit nicht vergleichbar mit solchen rechtsgeschäftlichen Erwerben, bei denen die Entstehung der Steuer und der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs auseinander fallen können. Im Übrigen seien Erwerbsvorgänge bei Rechtsgeschäften, die keiner Genehmigung bedürfen und deren zivilrechtliche Wirksamkeit nicht vom Eintritt einer Bedingung abhängt, immer dann verwirklicht, wenn einer der Tatbestände des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG erfüllt ist. Insoweit treffe der Eintritt der Steuerpflicht mit der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs - wie im Streitfall der gesetzliche Eigentumsübergang mit der Eintragung im Handelsregister im Jahr 1997 - zeitlich zusammen.
Hinweis
Bei Umwandlungen (z.B. Verschmelzung, Spaltung) ist die Besonderheit zu beachten, dass nicht etwa der entsprechende, zwischen den beteiligten Parteien abgeschlossene Umwandlungsvertrag - nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG - der Grunderwerbsteuer unterliegt, sondern erst die mit der Eintragung in das betreffende Register bewirkte Rechtsänderung am Grundstück. Der auf den Umwandlungsvorgang gerichtete Vertrag ist kein den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründender Vertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, sondern verpflichtet lediglich zur Modifizierung der bisherigen rechtlichen Organisation. Grunderwerbsteuerrechtlicher Anknüpfungspunkt ist daher der gesetzliche Übergang des Eigentums am Grundstück im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, der aufgrund der Eintragung im Handelsregister bewirkt wird. In entsprechenden Fällen fallen somit die Entstehung der Steuer und die Verwirklichung des Erwerbsvorgangs notwendigerweise zusammen (vgl. auch BFH, Urteil v. 25.11.1992, BStBl 1993 II S. 308).
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 19.11.2002, 5 K 5100/99