Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlöhne oder Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.
2. Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen bei einer größeren Buchhandelskette einlösbaren Gutschein über einen in EUR lautenden Höchstbetrag für den Bezug einer Sache aus deren Warensortiment, so wendet er seinem Arbeitnehmer eine Sache i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 und 9 EStG zu.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 S. 1, 9, § 19 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Arbeitgeber K hatte seinen Arbeitnehmern zu deren Geburtstagen Geschenkgutscheine der Buchhandelskette H im Wert von 20 EUR gegeben und die als unter der Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG liegenden steuerfreien Sachbezug beurteilt.
Das FA war dagegen von Barlohn ausgegangen und hatte LSt nachgefordert (§ 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Die Klage dagegen blieb erfolglos (FG München, Urteil vom 03.03.2009, 8 K 3213/07, Haufe-Index 2160635, EFG 2009, 1011).
Entscheidung
Der BFH entschied aus den unter Praxis-Hinweise erläuterten Erwägungen, dass Sachlohn vorliegt. Er hob daher die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.
Hinweis
1. Auf Grundlage der Rechtsgrundsätze des Urteils VI R 27/09 (BFH/NV 2011, 484, BFH/PR 2011, 124) war danach zu entscheiden, was die Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber K beanspruchen konnten. Die Geschenkgutscheine berechtigten die Arbeitnehmer, bei H Waren aus dessen Sortiment zu erwerben und den Wert der Gutscheine auf den Kaufpreis anrechnen zu lassen. Die Arbeitnehmer konnten anstelle der Geburtstagsgutscheine vom Arbeitgeber keine Geldleistung i.H.v. 20 EUR beanspruchen. Damit lag Sachlohn vor.
2. Zur Klarstellung führte der BFH noch aus: auch wenn die Geschenkgutscheine bereits einen Geldbetrag (Höchstbetrag) auswiesen und sich daher eine Bewertung erübrigte, machte sie das zu keiner Geldleistung. Umgekehrt ist eine frei konvertible, im Inland handelbare ausländische Währung keine Sachleistung, sondern Geld, auch wenn sich die Bewertung der Währung nicht erübrigt, sondern erst noch in EUR umgerechnet werden muss. Auch ob ein solcher Gutschein als Inhaberpapier i.S.d. § 807 BGB als Ersatzmittel für Geld dienen kann, erklärte der BFH für unerheblich: Denn Geldersatz ist kein Geld. Schließlich erläuterte der BFH noch, dass ein Gutschein, der die zu beziehende Ware nicht konkret nennt, kein "Bargeldgutschein" sei, auch wenn er gestattet, bei Einlösung auf den Kaufpreis angerechnet zu werden. Insoweit verwies der BFH auf den Grundsatz, dass es auf die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ankommt. Kann danach der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keine Geldleistung beanspruchen, liegt -- so auch hier – Sachlohn vor.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.11.2010 – VI R 21/09