Sind nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes bauliche Maßnahmen durchgeführt worden, die zu einer wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes geführt haben, ist von einem entspr. späteren Baujahr auszugehen (§ 259 Abs. 4 Satz 3 BewG). Hier war nach Verabschiedung des GrStRefG zunächst fraglich, wie die Verwaltung diese gesetzliche Vorgabe umsetzen will. Nach der Klarstellung im AEBewGrSt ist von einer solchen wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer nur bei einer Kernsanierung auszugehen (vgl. A 259.5 Abs. 4 AEBewGrSt).
Eine Kernsanierung liegt nach A 253.1 Abs. 3 AEBewGrSt vor, wenn nicht nur der Ausbau (u.a. Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert, sondern auch der Rohbau jedenfalls teilweise erneuert worden ist. Bauliche Maßnahmen an nicht tragenden Bauteilen (z.B. Neugestaltung der Fassade) verlängern die Gesamtnutzungsdauer allein hingegen nicht wesentlich.
Durch eine Kernsanierung wird das Gebäude in einen Zustand versetzt, der nahezu einem neuen Gebäude entspricht. Dazu wird das Gebäude zunächst bis auf die tragende Substanz zurückgebaut. Decken, Außenwände, tragende Innenwände und ggf. der Dachstuhl bleiben dabei i.d.R. erhalten; ggf. sind diese zu ertüchtigen und/oder instandzusetzen. Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kernsanierung sind nach Verwaltungsauffassung insb. die komplette Erneuerung der Dacheindeckung, der Fassade, der Innen- und Außenwände mit Ausnahme der tragenden Wände, der Fußböden, der Fenster, der Innen- und Außentüren sowie sämtlicher technischen Systeme wie z.B. der Heizung einschl. aller Leitungen, des Abwassersystems einschl. der Grundleitungen, der elektrischen Leitungen und der Wasserversorgungsleitungen, sofern diese technisch einwandfrei und als neubauähnlich und neuwertig zu betrachten sind.
Beraterhinweis Im Einzelfall müssen nicht zwingend alle der vorgenannten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein. Dies gilt insb. für solche Gebäude und Gebäudeteile, bei denen aufgrund baurechtlicher Vorgaben eine weitreichende Veränderung nicht zulässig ist (z.B. unter Denkmalschutz stehende Gebäude und Gebäudeteile).
In Fällen der Kernsanierung ermittelt sich das fiktive Baujahr aus Vereinfachungsgründen aus dem Jahr der Kernsanierung abzgl. 10 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes. Mit dem pauschalen Abschlag i.H.v. 10 % wird die teilweise noch verbliebene alte Bausubstanz berücksichtigt.
Beispiel
Baujahr 1970, Kernsanierung 2008, wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 50 Jahre.
10 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (50 Jahre) = 5 Jahre
Fiktives Baujahr: 2008 ./. 5 Jahre = 2003