Leitsatz
1. Bei Verwendung gebrauchter Teile von mehr als 10 % des gesamten Werts wird ein neues Wirtschaftsgut i.S.d. Investitionszulagenrechts nur dann hergestellt, wenn der Anspruchsberechtigte unter Verwirklichung einer neuen Idee ein andersartiges Wirtschaftsgut schafft.
2. Die Herstellung aufgrund einer neuen Idee setzt weder eine patentfähige Erfindung noch eine weltweit neue Idee voraus. Es reicht aus, dass der Anspruchsberechtigte auf der Grundlage eines bereits bekannten technischen Verfahrens eine Anlage für die Zwecke seines Betriebs entwickelt und errichtet, die modernen technischen Anforderungen entspricht und die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs stärkt.
Normenkette
§ 2 Satz 1 InvZulG 1996
Sachverhalt
Die Investorin errichtete eine Kompostierungsanlage für Bioabfall. Sie baute verschiedene Gebrauchtteile ein, die sie von einem Agrarunternehmen erworben hatte. Dieses hatte vergeblich versucht, aus Stroh und Mist ein Champignonsubstrat herzustellen.
Das FA versagte die Zulage mit der Begründung, die 10%-Grenze sei überschritten.
Entscheidung
Der BFH bejahte die Zulagenbegünstigung. Die Investorin hat nicht lediglich die bisherige Anlage umfunktioniert, sondern mit hohen Kosten umgebaut und mit neuer Technik versehen. Sie hat auch eine neue Idee verwirklicht, da die Technik der Kompostierung von Bioabfall jedenfalls 1995/1996 noch nicht ausgereift war. Der BFH hob daher die klageabweisende Entscheidung des FG auf.
Hinweis
Begünstigt ist u.a. die Herstellung "neuer" beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts setzt grundsätzlich die Verwendung ausschließlich ungebrauchter Teile voraus. Beim Einbau gebrauchter Teile entsteht nur dann ein neues Wirtschaftsgut, wenn die neuen Teile dem Gesamtbild das Gepräge geben und die Altteile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung sind. Das ist der Fall, wenn der Teilwert der Gebrauchtteile 10 % des Teilwerts des hergestellten Wirtschaftsguts nicht überschreitet ( 10%-Regel).
Die Überschreitung der 10%-Grenze ist nur dann unschädlich, wenn unter Verwirklichung einer neuen Idee ein andersartiges Wirtschaftsgut geschaffen wird. Davon ist auszugehen, wenn eine hergestellte Anlage modernen Anforderungen entspricht und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Ferner spricht für ein neues Wirtschaftsgut, wenn die Gesamtkosten im Verhältnis zu den Kosten der Gebrauchtteile hoch sind.
Der BFH verdeutlicht, dass die Anforderungen an die Herstellung eines andersartigen Wirtschaftsguts unter Verwirklichung einer neuen Idee nicht allzu streng sind. Eine neue Erfindung i.S.d. Patentgesetzes oder gar eine weltweit neue Idee sind nicht erforderlich. Es genügt, wenn der In?vestor auf der Grundlage eines bereits bekannten technischen Verfahrens eine Anlage für die Zwecke seines Betriebs entwickelt und errichtet, die modernen technischen Anforderungen genügt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.11.2005, III R 53/04