Leitsatz
1. Ein unter Verwendung gebrauchter und neuer Teile hergestelltes bewegliches Wirtschaftsgut ist neu i.S.d. Investitionszulagenrechts, wenn der Teilwert der Altteile 10 % des Teilwerts des hergestellten neuen Wirtschaftsguts nicht übersteigt und die neuen Teile dem Gesamtbild das Gepräge geben.
2. Werden Teile eines nicht mehr einsetzfähigen Wirtschaftsguts (hier 25 Jahre alte Straßenbahn) ausgebaut, aufgearbeitet und zusammen mit neuen Teilen zu einem gleichartigen Wirtschaftsgut zusammengebaut, sind die Kosten für Demontage, Aufarbeitung und Zusammenbau nicht in den Teilwert der Altteile einzubeziehen.
3. Eine Prägung durch die neuen Teile setzt voraus, dass im Unterschied zur Generalüberholung ein anderes, bisher nicht existentes Wirtschaftsgut hergestellt wird. Das Entstehen eines anders- oder neuartigen Wirtschaftsguts ist nicht erforderlich.
Normenkette
§ 2 Satz 1 InvZulG 1991
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt den öffentlichen Nahverkehr in einer Stadt im Fördergebiet. Sie entkernte ihre alten nicht mehr einsatzfähigen Straßenbahnwagen und baute sie unter Verwendung aufgearbeiteter Altteile und Einbau neuer Teile wieder auf.
Entscheidung
Der BFH bejahte die Zulagenbegünstigung. Vor der Aufarbeitung hatten die Altteile nur noch Schrottwert, sodass die 10%-Grenze bei Weitem nicht erreicht war. Auch eine ausreichende Prägung der neu aufgebauten Wagen durch die Neuteile lag vor. Diese sieht der BFH im Wesentlichen in der Ausstattung mit moderner Technik.
Dass es sich nach wie vor um Straßenbahnwagen handelte, ist nicht entscheidend, da die Förderung nicht die Entstehung eines neu- oder andersartigen Wirtschaftsguts voraussetzt.
Hinweis
Die Herstellung eines neuen und damit zulagenbegünstigten beweglichen Wirtschaftsguts setzt grundsätzlich die Verwendung ausschließlich neuer und damit ungebrauchter Teile voraus. Werden neben neuen auch gebrauchte Teile eingebaut, wird nur dann ein neues Wirtschaftsgut hergestellt, wenn zum einen die Altteile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung sind und zum anderen die neuen Teile dem Gesamtbild des Wirtschaftsguts das Gepräge geben.
Eine wertmäßig untergeordnete Bedeutung wird angenommen, wenn der Teilwert der Altteile 10 % des Teilwerts des hergestellten neuen Wirtschaftsguts nicht überschreitet. Verschleißfreie oder neuwertige Altteile werden in die 10%-Grenze nicht eingerechnet.
Werden Altteile eingebaut, die nicht angeschafft wurden, sondern bereits im Betrieb vorhanden waren, ist für die Bewertung mit dem Teilwert der Zeitpunkt der Investitionsentscheidung, des fiktiven Erwerbs durch den Investor, entscheidend. Das bedeutet, dass die Kosten für den Ausbau, die Aufarbeitung und den Zusammenbau der Altteile nicht in den Teilwert einzubeziehen sind. Ein aus Alt- und Neuteilen zusammengebauter Motor einer neu aufgebauten Maschine ist daher nicht mit dem Teilwert des Motors anzusetzen. In die 10%-Grenze gehen vielmehr nur die in den Motor eingebauten Altteile ein, die vor ihrer Aufarbeitung häufig nur einen ganz geringen Teilwert aufweisen.
Für die Abgrenzung, ob bei der Verwendung von Altteilen ein bestehendes Wirtschaftsgut lediglich repariert und modernisiert worden oder ob ein neues Wirtschaftsgut hergestellt worden ist, stellt der BFH darauf ab, ob das vorhandene Wirtschaftsgut so tiefgreifend umgestaltet oder erweitert worden ist, dass die neuen Teile der Gesamtsache das Gepräge geben. Diese Rechtsprechung wurde z.T. dahin verstanden, eine Prägung durch die neuen Teile sei nur dann anzunehmen, wenn ein andersartiges oder neuartiges Wirtschaftsgut im Sinn eines "Aliud" entsteht.
Der BFH stellt jetzt klar, dass diese enge Auslegung nicht sachgerecht ist. Die Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts, bei dem die gebrauchten Teile unterhalb der 10%-Grenze liegen, ist vielmehr bereits dann begünstigt, wenn ein anderes als das bisher vorhandene Wirtschaftsgut hergestellt wird. Es darf sich lediglich nicht um das nämliche, nur generalüberholte Wirtschaftsgut handeln. Es reicht aber aus, wenn ein anderes – nicht unbedingt ein neu- oder andersartiges – Wirtschaftsgut entsteht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.1.2007, III R 60/04