rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz; GmbH-Anteil; Feststellung des gemeinen Werts
Leitsatz (redaktionell)
- Die Verfahren 4 V 2138/14 und 4 V 2243/14 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
- Die Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des Werts der Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf den 31.03.2011 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG vom 08.05.2014 wird hinsichtlich des Werts des Anteils an der Kapitalgesellschaft in Höhe von Euro rückwirkend ab Bekanntgabe aufgehoben und bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ausgesetzt.
- Im Übrigen werden die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
- Die Antragsteller haben 77,71 % und der Antragsgegner 22,29 % der Kosten des Verfahrens zu tragen.
- Die Beschwerde wird hinsichtlich der Entscheidungen zu 2. bis 4. zugelassen.
Normenkette
BewG § 155; FGO § 69; AO § 361
Streitjahr(e)
2011
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die gesonderte Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der A GmbH zum 31.03.2011 der Höhe nach ernsthaft zweifelhaft ist sowie darüber, ob der Antrag des Antragstellers zu 2. überhaupt statthaft ist.
Der Antragsteller zu 1. war ab 01.08.2011 der vorläufige Insolvenzverwalter und ist seit 01.11.2012 der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (im Folgenden die Gesellschaft). Der Antragsteller zu 2. hielt bis zum 31.03.2011 bereits 60 % der Anteile an der Gesellschaft. Weiterer Gesellschafter war zu 40 % Herr W, der Bruder des Antragstellers zu 2. W. ist am 31.03.2012 verstorben. Als Alleinerbe des W. erwarb der Antragsteller zu 2. deshalb am 31.03.2011 von Todes wegen den 40 %-Anteil des W. hinzu und war seitdem Alleingesellschafter der A GmbH. Der Antragsteller war zudem jedenfalls im Jahr 2011 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft (vgl. Bl. 32 Bilanzheft).
(Tatsächlicher) Unternehmensgegenstand der Gesellschaft war jedenfalls bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung die Planung, Fertigung und Montage von Anlagen. Sie übte diese Tätigkeit (im Jahr 2010 mit durchschnittlich 81 Mitarbeitern) in angemieteten Räumen aus. In den Jahren 2008 und 2009 erzielte die Gesellschaft Jahresfehlbeträge i.H.v. 1.213.155 Euro (2008) bzw. 457.155 Euro (2009). Im Jahr 2010 erzielte sie einen Jahresüberschuss i.H.v. 118.965 Euro. Der Jahresabschluss 2010 weist zum 31.12.2010 ein bilanzielles Eigenkapital i.H.v. 2.649.033,22 Euro (= Stammkapital i.H.v. 4.000.000 Euro abzgl. Bilanzverlust i.H.v. 1.350.966,78 Euro) aus. Der Anhang und der Lagebericht zum Jahresabschluss 2010 wurden von dem Antragsteller zu 2. und dem weiteren (zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertretungsberechtigten) Geschäftsführer Herr B unter dem 28.06.2011 unterzeichnet. Im Lagebericht heißt es: „Einen erfolgreichen Start in das Jahr 2011 konnte unsere Gesellschaft mit einem Auftragsvolumen von ca. 1,9 Mio Euro im 1. Quartal des laufenden Geschäftsjahres verzeichnen; … Für das laufende Geschäftsjahr rechnen wir mit einem Jahresüberschuss von mindestens TEUR 250.” Der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk der Abschlussprüferin datiert auf den 29.06.2011 und ist u.a. von Herrn Wirtschaftsprüfer St, dem für die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller handelnden Berufsträger, unterzeichnet. Dort heißt es u.a.: „Der Lagebericht steht im Einklang mit dem Jahresabschluss, vermittelt insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage der Gesellschaft und stellt Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dar.” Im Einzelnen wird zum Inhalt des Jahresabschlusses 2010 und des Prüfungsberichts der Abschlussprüferin auf das vorgelegte Bilanzheft verwiesen.
Der Antragsgegner forderte den Antragsteller zu 1. auf, eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts auf den 31.03.2011 abzugeben und wies unter Beifügung einer entsprechenden Berechnung darauf hin, dass bei Nichtabgabe der Feststellungserklärung der gemeine Wert auf einen Substanzwert i.H.v. 2.679.034 Euro zu schätzen sei (siehe im Einzelnen Bl. 3 ff. Feststellungsakten). Der Antragsteller zu 1. gab daraufhin eine Feststellungserklärung ab, in der in der Anlage „Substanzwert” sämtliche Werte mit 0 Euro angegeben sind (siehe im Einzelnen Bl. 9 ff. Feststellungsakten). Im Anschreiben vom 02.12.2013 teilte der Antragsteller zu 1. mit, dass es ihm nicht ohne weiteres möglich sei, „eigene Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen der Schuldnerin im Zeitpunkt des Todes des Gesellschafters zu treffen. Ich bitte daher um Mitteilung, ob die von dem Wirtschaftsprüfer übermittelten Daten mit denen beim Finanzamt vorhandenen Informationen korrespondieren”.
Dem Schreiben war E-Mail- Korrespondenz mit St. beigefügt, wonach der Antragsteller zu 1. die Erklärung so abgeben solle, dass der Anteil auf Grund der Insolvenz bereits im Zeitpunkt des Erbfalls wertlos gewesen sei. St. führte in der E-Mail ferner aus, dass alle...