rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflichtige Übertragung eines kommunalen Grundstücks von einer unselbständigen örtlichen Stiftung an eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung
Leitsatz (redaktionell)
Überträgt eine Kommune ohne Entgelt ein Grundstück, das zu einer unselbständigen örtlichen Stiftung im Sinne von § 115 Abs. 1 Nr. 2 der Hessischen Gemeindeordnung gehört, an eine von der Kommune errichteten gemeinnützigen rechtsfähigen Stiftung, ist dies wegen Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe keine freigebige Zuwendung und deshalb nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 1 S. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2020
Tatbestand
Die Klägerin ist eine gemeinnützige, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts, die von der A durch Stiftungsgeschäft vom … gegründet wurde. Im Stiftungsgeschäft wurde geregelt, dass die Stiftung als Vermögensausstattung von der A diversen, im einzelnen bezeichneten Grundbesitz in den Gemarkungen 1, 2, 3 und 4 erhält. Gemäß der Stiftungssatzung vereint die Klägerin die am 23.03.1950 in der „Stiftungsgruppe 1 – Stiftung für allgemeine Wohlfahrtszwecke“ der A zusammengefassten rechtlich unselbständigen Stiftungen sowie Schenkungen und Vermächtnisse.
Mit notariellem Vertrag vom … (UR-Nr. … des Notars B) übertrug die A unter beiderseitiger Auflassungserklärung der Klägerin den im Stiftungsgeschäft benannten Grundbesitz, nämlich den im Grundbuch des Amtsgerichts C von 1, Blatt … eingetragenen Grundbesitz unter laufender Nr. … und …, den im Grundbuch des Amtsgerichts D von 3, Blatt … eingetragenen Grundbesitz im Bestandsverzeichnis lfd. Nr. … und …, den im Grundbuch des Amtsgerichts D von 2, Blatt … eingetragenen Grundbesitz im Bestandsverzeichnis lfd. Nr. …, … und … sowie den im Grundbuch des Amtsgerichts C von 4, Blatt … eingetragenen Grundbesitz im Bestandsverzeichnis unter lfd. Nr. …, …, … und …. Die Kosten und Steuern sollte die Klägerin tragen.
Am 15.09.2020 erließ das beklagte Finanzamt gegenüber der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 des Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG –, weil mit dem Übertragungsvertrag vom 29.07.2020 der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht worden sei. Als Besteuerungszeitpunkt wurde der 29.07.2020 festgestellt. Der betroffene Grundbesitz wurde in einer Anlage zum Bescheid mit Grundbuch von 1 Blatt …, Grundbuch von 3, Blatt …, Grundbuch von 2, Blatt … und Grundbuch von 4, Blatt … festgestellt und zugleich jeweils das zuständige Finanzamt festgestellt. Ferner enthält die Anlage die Feststellung, dass jeweils Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG der Grundbesitzwert i.S.d. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes – BewG – ist.
Gegen den ihr am 16.10.2020 zugegangenen Bescheid erhob die Klägerin am 04.11.2020 Einspruch, den das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 23.12.2021, am 01.02.2022 zur Post gegeben, zurückgewiesen hat.
Mit der am 04.03.2022 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Feststellungsbescheids.
Auf gerichtlichen Hinweis hinsichtlich bestehender Bedenken gegen die Bezeichnung des betroffenen Grundbesitzes mit Grundbuchblattnummern hat der Beklagte am 17.05.2023 den Feststellungsbescheid vom 15.09.2020 aufgehoben und diesen durch einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid vom 19.05.2023 ersetzt, in dem der betroffene Grundbesitz nun zudem konkret mit den Flurstücksnummern (Flur, Flurstück) zutreffend bezeichnet wurde. Zudem enthielt der ersetzende Bescheid Ausführungen, wonach die Klägerin als Erwerberin vorrangig in Anspruch zu nehmen sei. Die übrigen Feststellungen erfolgten unverändert. Der ersetzende Bescheid ist nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Grundstücksübertragungen nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei seien, da die Übertragung unentgeltlich im Rahmen einer Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes – ErbStG – erfolgt seien. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, wonach aufgrund der Bindung der öffentlichen Verwaltung an Gesetz und Recht, unter anderem auch an die haushaltsrechtlichen Vorschriften, im Regelfall anzunehmen sei, dass ein Träger öffentlicher Verwaltung in Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig handele, was zur Versagung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG führe, könne auf den Streitfall nicht angewandt werden. Denn die A habe außerhalb ihrer öffentlichen Aufgaben gehandelt, indem sie die Grundstücke übertragen habe, weil die Grundstücke nicht zum haushaltsmäßigen Vermögen der A gehört hätten. Vielmehr habe es sich um ein Sondervermögen der A gehandelt, welches nicht der öffentlichen Verwaltung zugeordnet gewesen sei, sondern gemeinnützigen und ...