Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß von Aussetzungszinsen zur Umsatzsteuer 1978–1981
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 58.440,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA–) zu Recht einen Teilerlaß von Aussetzungszinsen abgelehnt hat, obwohl der Klägerin aufgrund angeordneter und erbrachter Sicherheitsleistung bereits erhebliche Kosten für Bürgschaftsgebühren entstanden sind.
Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung setzte das FA mit Bescheid vom 2.8.83 die Umsatzsteuer für die Jahre 1979–1981 erstmals und für das Jahr 1978 abweichend von der bisher erfolgten Festsetzung fest.
Im Rahmen des sich anschließenden Einspruchsverfahrens gewährte das FA der Klägerin auf deren Antrag Aussetzung der Vollziehung der sich ergebenden Nachzahlungsbeträge gegen Sicherheitsleistung. Als Sicherheit wurde von der Klägerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft … erbracht.
Nachdem das FA mit Einspruchsentscheidung vom 4.8.87 die Umsatzsteuern geringfügig herabgesetzt hatte und die Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung auf Antrag der Klägerin weiterhin gewährt wurde, einigten die Beteiligten sich innerhalb eines Erörterungstermins in dem sich anschließenden Klageverfahren am 6.5.93 dahingehend, daß das FA zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreites weitere bisher nicht anerkannte Vorsteuern in Höhe von … DM anerkennt. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Das FA teilte daraufhin der Klägerin mit Schreiben vom 6.5.93 die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung mit und setzte mit Bescheid vom 2.6.93 für die verbliebenen Nachzahlungsbeträge Aussetzungszinsen in Höhe von … DM für die Zeit vom 5.9.83 bis 5.7.93 fest.
Der Berechnung liegen die mit Änderungsbescheiden vom 7.6.93 festgesetzten, zum 12.7.93 fällig gestellten Nachzahlungsbeträge zugrunde.
Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 21.6.93 beim FA den Erlaß von 2/3 der festgesetzten Zinsen aus Billigkeitsgründen beantragt, da ihr durch die erbrachte Bürgschaft bereits erhebliche Kosten entstanden seien. Das FA lehnte den Antrag mit Verfügung vom 16.11.93 ab.
Die dagegen von der Klägerin erhobene Beschwerde wurde von der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD) mit Beschwerdeentscheidung vom 19.4.94 abgelehnt. Wegen des Inhalts der Beschwerdeentscheidung wird auf Bl. 11–16 der FG Akte-Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, das FA, und ihm folgend die OFD hätten ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
So hätten sie bereits verkannt, daß die Voraussetzungen für die Festsetzung von Aussetzungszinsen im Streitfalle nicht vorgelegen hätten, da der von der Klägerin gegen die Umsatzsteuerbescheide eingelegte Rechtsbehelf nicht endgültig überhaupt keinen Erfolg gehabt habe. Vielmehr habe das FA aufgrund der Einigung weitere Vorsteuerbeträge anerkannt. Weiterhin hätten das FA und die OFD ermessensfehlerhaft dem Umstand nicht Rechnung getragen, daß der Klägerin durch die Bürgschaftsgebühren in Höhe von annähernd … DM kein Zinsvorteil erwachsen sei und die Verfahrensdauer von ca. 10 Jahren nicht zu Lasten der Klägerin gehen dürfe.
Soweit die OFD in der Beschwerdeentscheidung ausführe, der Klägerin habe bekannt sein müssen, daß bei Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfes Aussetzungszinsen zu zahlen seien, verkenne sie, daß dies aufgrund der Billigkeitsvorschriften gerade nicht zwingend sei.
Schließlich habe das FA in einem Parallelverfahren, das den gleichen Sachverhalt betraf, den gegen den Geschäftsführer der Klägerin für dessen Einzelunternehmen ergangenen Zinsbescheid im Rechtsbehelfsverfahren aufgehoben, weil dieser – wie die Klägerin im Streitfalle – bereits Bürgschaftsgebühren geleistet habe. Der Verwaltung sei es aber verwehrt, in gleichen Fällen ihr Ermessen unterschiedlich auszuüben.
Die Klägerin beantragt,
das Finanzamt unter Aufhebung der Verfügung vom 16.11.1993 und der Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 19.4.1994 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 2.6.1993 festgesetzten Aussetzungszinsen in Höhe von … DM zu erlassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es macht zum einen geltend, die Klägerin könne im vorliegenden Verfahren mit – im übrigen unbegründeten – Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung nicht gehört werden.
Zum anderen werde dem Zweck des § 237 der Abgabenordnung (AO), den Zinsnachteil des Fiskus auszugleichen, nur durch die Festsetzung und Erhebung der Zinsen Rechnung getragen, da der Zinsnachteil durch eine Bürgschaft nicht vermindert werde.
Im übrigen sei der Geschäftsführer der Klägerin wegen Hinterziehung der dem Streitfall zugrundeliegenden Umsatzsteuer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, sodaß einem Erlaß im Streitfalle auch die fehlende Erlaßwürdigkeit entgegenstehe.
Dagegen sei unerheblich, daß in dem von der Klägerin...