Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang und Beginn der Ablaufhemmung durch eine Steuerfahndungsprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Ablaufhemmung im Sinne des § 171 Abs. 5 AO wegen des Beginns einer Steuerfahndungsprüfung tritt nur ein, wenn ein konkreter Anfangsverdacht besteht, dem Steuerpflichtigen dieser bekannt gegeben wurde und der Beginn der Ermittlungshandlungen für den Steuerpflichtigen erkennbar ist.
  2. Der Umfang der Ablaufhemmung richtet sich nach dem sachlichen und persönlichen Umfang der Ermittlungshandlungen, wobei darauf abzustellen ist, wann die Steuerfahndung mit konkreten Ermittlungen in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand der Besteuerung für den Steuerpflichtigen erkennbar begonnen hat
 

Normenkette

AO § 171 Abs. 5, § 169 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1983, 1984

 

Tatbestand

Der Kläger war nach den Angaben in seinen Steuererklärungen in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 als selbständiger Berater und Planer im Bereich des Bauwesens tätig. Nach einer Prüfung im Steuerstrafverfahren streitet er mit dem Beklagten (das Finanzamt, -FA-) in mehreren Klageverfahren unter anderem darüber, ob er in den Streitjahren 1983 und 1984 als gewerblicher Grundstückshändler oder vermögensverwaltend tätig war, ob er für 1980 und 1982 bis 1989 Provisionseinnahmen versteuern muß, die er nach den Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung erhalten hat, ob er drei Eigentumswohnungen mißbräuchlich über einen gewerblichen Zwischenmieter an seine Lebensgefährtin vermietet hat und ob die Vermietung einer Wohnung an seine Tochter in den Jahren 1981 bis 1985 steuerlich anzuerkennen ist.

Im vorliegenden Verfahren wegen der Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge für 1983 und 1984 geht es allein darum, ob der Kläger durch die Veräußerung von vier Eigentumswohnungen in x Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erzielt hat und wenn ja, ob insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Das FA meint, dass es diese Einkünfte noch der Gewerbesteuer unterwerfen durfte, weil die betreffende Gewerbesteuer hinterzogen wurde und deshalb die zehnjährige Verjährungsfrist gilt. Im einzelnen liegt dem Rechtsstreit insoweit der folgende Sachverhalt zugrunde:

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung (Steufa) erwarb der Kläger mit Vertrag vom xxxx.1979 ein in x belegenes unbebautes Grundstück und begann in 1980 damit, dieses mit einem Appartmenthaus mit sechs Wohnungen zu bebauen. Die Finanzierung wurde über die A-Bank abgewickelt. Dabei wurden zunächst xxxxxx,?? DM für die Anschaffung des Grundstücks sowie später mit Vertrag vom xx.xx.1980 weitere Mittel in Höhe von xxxxxxx DM kurzfristig zur Baufinanzierung zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1982 verkaufte der Kläger eine Wohnung, im Jahr 1983 zwei und 1984 nochmals eine. Mit den erzielten Erlösen wurden die Baukredite zurückgeführt, die Darlehen für die im Eigentum des Klägers verbleibenden zwei Wohnungen wurden in langfristige Kredite umgeschuldet. Nach den Ermittlungsergebnissen der Steufa soll der Kläger dabei von Anfang an die Absicht gehabt haben, bis auf zwei Wohnungen alle wieder zu verkaufen (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tzn. 22 bis 24 des Steufa-Berichts vom xx.xx.1992, Duplo-Strafakte Bd. I Seite 101 ff, Bezug genommen).

Der Kläger selbst wertete diese Aktivitäten offenbar als vermögensverwaltende Tätigkeit und gab insoweit für die betreffenden Kalenderjahre 1980 bis 1984 Erklärungen zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab. Gewerbesteuererklärungen reichte er hierzu nicht ein. Das FA folgte diesen Erklärungen und veranlagte den Kläger entsprechend. Erstmals im Rahmen des Steuerstrafverfahrens kam der Steufa-Prüfer zu der Auffassung, es liege gewerblicher Grundstückshandel vor. Ausgangspunkt der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger war eine an die Steufa Darmstadt gerichtete anonyme Anzeige vom xx.xx.1988, die allerdings keinerlei Angaben zu einem gewerblichen Grundstückshandel enthielt. Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens erfolgte am xx.xx.1991 um 10.00 Uhr anläßlich der Durchführung einer Durchsuchung. Nach dem Aktenvermerk über die Einleitung des Steuerstrafverfahrens (vgl. Blatt 12 der vom FA vorgelegten Duplo-Strafakte Bd. I) wurde der Kläger dabei davon unterrichtet, dass gegen ihn das Strafverfahren gemäß § 397 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 410 Abs. 1 Ziffer 6 AO eingeleitet worden sei, "weil der Verdacht besteht, daß Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerverkürzungen bewirkt wurden...". Ein Hinweis auf den gewerblichen Grundstückshandel enthält der Vermerk ebensowenig wie der die Durchsuchung anordnende Beschluß des Amtsgerichts Y vom xx.xx.1991. Auch der mit Schreibmaschine gefertigte und auf den xx.xx.1991 datierte Aktenvermerk (Blatt 8 der Duplo-Strafakte Bd. I) über die Einleitung des Steuerstrafverfahrens erwähnt den Tatvorwurf hinsichtlich des gewerblichen Grundstückshandels nicht. Erstmals im Schreiben der Bußgeld- und Strafsachenstelle Darmstadt vom xx.xx.1994 (Blätter 362 ff der Duplo-Strafakte Bd. II) wurde der Gegenstand der ...

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