Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsleistungen für Invalidität als Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
An Arbeitnehmer gezahlten Versicherungsleistungen für Invalidität aus einer von dem Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung gehören nicht zum Arbeitslohn.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1, § 42d
Streitjahr(e)
1997, 1998
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Anfechtung eines Haftungsbescheides streitig, ob an Arbeitnehmer der Klägerin gezahlte Versicherungsleistungen für Invaliditätsfälle aus einer von der Klägerin als Arbeitgeberin für ihre Arbeitnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung zum Arbeitslohn gehören.
Die Klägerin hatte für Arbeitnehmer bei der X-Versicherung verschiedene Gruppenunfallversicherungen abgeschlossen, die sowohl das berufliche als auch das private Unfallrisiko der Arbeitnehmer abdeckten. Bei den Versicherungen handelte es sich um so genannte „Versicherungen für fremde Rechnung” im Sinn des § 179 Abs. 2 Versicherungsvertrags-Gesetz (VVG) i. V. m. §§ 75 - 79 VVG, bei denen allein der Klägerin als Versicherungsnehmerin und nicht etwa den einzelnen Arbeitnehmern als Versicherten die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustanden (§ 12 AUB). Die Klägerin unterwarf die jährlichen Prämienzahlungen für die Jahre 1997 und 1998 zunächst dem Lohnsteuerabzug, machte die Pauschalversteuerungen allerdings nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.04.1999 (VI R 60/96, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2000, 406) durch Einreichen berichtigter Lohnsteueranmeldungen wieder rückgängig, denen das Finanzamt zustimmte.
Im Rahmen einer die Jahre 1997 bis 2000 umfassenden Lohnsteueraußenprüfung wies das beklagte Finanzamt auf das in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17.07.2000 (IV C 5-S2332-67/00, BStBl I 2000, 1204) geregelte Wahlrecht hin, nach dem entweder die Beiträge zur Gruppenunfallversicherung dem Lohnsteuerabzug unterworfen werden oder die an die Arbeitnehmer ausgekehrten Leistungen, soweit sie Arbeitslohn darstellen, lohnversteuert werden können. Die Klägerin übte ihr Wahlrecht für eine Lohnversteuerung der Versicherungsleistungen aus, soweit sie Arbeitslohn darstellten. Gleichzeitig bat die Klägerin um Nichtvornahme der Lohnversteuerung bei Invaliditätszahlungen an sechs Mitarbeiter in Höhe von insgesamt 90.803,40 DM in 1997 und 1998 mit der Begründung, Grund für die Zahlung dieser Versicherungsleistungen sei der Schadensausgleich für die Gebrauchsminderung geschädigter Gliedmaßen.
Der Lohnsteuer-Außenprüfer erfasste sämtliche in den Jahren 1997 bis 2000 ausgekehrten Versicherungsleistungen einschließlich der Versicherungsleistungen bei Invaliditätsfällen, wobei es sich um fünf Unfälle im privaten Bereich und einen Unfall im beruflichen Bereich handelte, als steuerpflichtig und ermittelte aufgrund der Bereitschaft der Klägerin zur Übernahme der anfallenden Mehrsteuern die Nachversteuerung in Form von Netto-Einzelberechnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf Textziffer 2 des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 07.12.2001 (Bl. 7 bis 9 Lohnsteuer-Arbeitgeberakte) sowie die Netto-Einzelberechnungen der Arbeitnehmer D, K, M, St, W sowie M (Bl. 24, 25, 37, 26, 28, 31 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) Bezug genommen.
Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 13.12.2001 nahm das beklagte Finanzamt die Klägerin auch wegen Lohnsteuer für die Invaliditätszahlungen in Haftung. Es vertrat die Auffassung, die steuerliche Beurteilung der Leistungen aus einer Unfallversicherung korrespondiere mit der lohnsteuerlichen Behandlung der Versicherungsbeiträge im Kalenderjahr. Der Arbeitnehmer habe erst einen Nutzen, wenn der bezugsberechtigte Arbeitgeber ihm aufgrund des gesetzlichen Treuhandverhältnisses die Versicherungsleistung weitergebe; diese Zahlung sei dann nicht mehr rechtlich identisch mit der vom Arbeitgeber realisierten Versicherungsleistung.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, der BFH stelle für die Frage der Lohnsteuerpflicht von Versicherungsleistungen nicht darauf ab, ob die Beiträge des Arbeitgebers steuerfrei seien, entscheidend sei vielmehr, ob die Leistungen Einnahmeausfälle ausgleichen sollten oder als Schadensersatz für Gesundheits-schäden anzusehen seien. Nach der Rechtsprechung des BFH trete der Bezug zum Arbeitsverhältnis in den Hintergrund, wenn die Versicherungssumme dazu diene, die Unbilden materieller und immaterieller Art von eingetretenem Personenschaden auszugleichen.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erließ das beklagte Finanzamt einen geänderten Haftungs- und Nachforderungsbescheid, in dem es unter anderem die Haftungsschuld wegen anderweitiger Berechnung der Versteuerung geldwerter Vorteile aus der Gewährung vom Mitarbeiterdarlehen ermäßigte. Im Übrigen wiederholte der Haftungsbescheid u. a. die Festsetzungen wegen der Versicherungsleistungen...