Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft nur noch von den betroffenen Gesellschaftern im eigenen Namen angegriffen werden.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2
Streitjahr(e)
1991
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 28. März 2000 erhob die X mbH, Steuerberatungsgesellschaft (Geschäftsführer: Steuerberater/Wirtschaftsprüfer R.) Klage für die „GbR H & S…vertreten durch den Gesellschafter Y”. Eine vom Gesellschafter Y unterzeichnete Prozessvollmacht war beigefügt.
Die aus den Gesellschaftern Y und Z bestehende GbR betrieb einen Gartenbaubetrieb in S.. Mit notariellem Vertrag vom Mai 1991 wurden die zur Gärtnerei gehörenden Grundstücke veräußert und gegenüber dem Finanzamt die Betriebsaufgabe zum 30. September 1991 erklärt. Mit verkauft wurde u.a. ein dem Gesellschafter Y zu 1/2 (im Übrigen Eigentum der Ehefrau) gehörendes Wohnhaus, das von seinem Stiefsohn, dem Gesellschafter Z., bewohnt wurde. Streitig ist, ob im Rahmen des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte 1991 wegen der Veräußerung des Wohnhauses ein Veräußerungsgewinn des Gesellschafters Y. in Höhe von 626.794,-- DM zu erfassen ist.
In einem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des 13. Senates am 22. Oktober 2002 gaben die ehemaligen Gesellschafter an, die GbR sei im Zuge der Betriebseinstellung vermögensmäßig vollständig abgewickelt worden. Auf die Frage, wer im vorliegenden Verfahren als Kläger auftrete, erklärte Steuerberater/Wirt-schaftsprüfer R., es handele sich um eine Klage der GbR H & S, nicht etwa um eine Klage der Gesellschafter persönlich. Ergänzend führte er im Schriftsatz vom 24. April 2003 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30. April 2003 aus, eine Klage der GbR sei möglich, weil diese nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht voll beendigt sei, bevor nicht das Steuerrechtsverhältnis mit dem Finanzamt vollständig abgewickelt wurde; erst dann gehe das Klagerecht auf die betroffenen Gesellschafter über.
Die Klägerin beantragt,
den Feststellungsbescheid 1991 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass der Aufgabegewinn für den Gesellschafter Y. um 626.794,-- DM vermindert wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung ist die vorliegende Klage unzulässig, da eine solche nach Vollbeendigung der GbR nur durch den allein betroffenen Gesellschafter Y. hätte erhoben werden können.
Dem Gericht haben von den beim beklagten Finanzamt für die GbR geführten
Akten ein Band Feststellungsakten sowie ein Bilanz-Heft vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Nach dem Wortlaut der Klageschrift ist die Klage im Namen der
GbR H & S erhoben worden, die im Text der nachfolgenden Begründung auch als „Klägerin” bezeichnet wird. Dies hat der Bevollmächtigte im Erörterungstermin vom 22. Oktober 2002, im Schriftsatz vom 24. April 2003 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2003 ausdrücklich bestätigt. Die GbR ist jedoch seit dem Jahre 1991 voll beendet. Bereits in diesem Jahr ist die Gesellschaft liquidiert und das Gesamthandsvermögen vollständig abgewickelt worden. Damit ist die Personengesellschaft im handelsrechtlichen Sinne voll beendet. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) in den von der Klägerseite herangezogenen Entscheidungen (vgl. Urteile vom 21. Mai 1971 V R 117/67, BFHE 102, 174, BStBl II 1971, 540; vom 18. September 1980 V R 145/74, BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293; vom 24. März 1987 X R 28/80, BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316) angenommen hat, dass eine Vollbeendigung der Personengesellschaft unabhängig von den Bestimmungen des Gesellschaftsrechtes erst dann eintrete, wenn das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Finanzamt abgewickelt ist, bezieht sich dies nur auf den Bereich der Umsatzsteuer und nicht auch auf Klagen gegen Feststellungsbescheide gemäß § 48 Finanzgerichtsordnung -FGO- (vgl. BFH, Urteil vom 26. Oktober 1989
IV R 23/89, BStBl II 1990, 333; Beschluss vom 6. Mai 1998 IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146).
Die Vollbeendigung einer Personengesellschaft hat zur Folge, dass diese kein Klagerecht mehr in Anspruch nehmen kann. Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann vielmehr nach Vollbeendigung der Gesellschaft nur noch von den betroffenen Gesellschaftern im eigenen Namen angegriffen werden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom 8. Oktober 1998 VIII B 61/98, BFH/NV 1999, 291; Urteil vom 27. April 1993 VIII R 27/92, BFH/NV 1994, 159; Urteil vom 8. Oktober 1991 VIII R 85/88, BFH/NV 1992, 324; Urteil vom 27. November 1990 VIII R 206/84, BFH/NV 1991, 692; Urteil vom 24. April 1986 IV R 282/84, BFHE 146, 549, BStBl II 1986, 672).
Im Streitfall hätte deshalb nach Vollbeendigung der GbR H & S die Klage allein von dem ehemaligen Gesellschafter Y. erhoben werden können, da sich Einspruch und Klage ausschließlich auf die Höhe des bei ihm anzusetzenden Veräuße...