Kommentar

1. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung können Aufwendungen des Haus- oder Wohnungseigentümers nicht sofort als Werbungskosten ( § 9 EStG ), sondern nur über die Nutzungsdauer des Mietobjekts, verteilt durch Absetzungen für Abnutzung (AfA), abgezogen werden ( § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. § 7 Abs. 4 und 5 EStG ) , wenn es sich um Herstellungskosten des Gebäudes handelt.

Herstellungskosten sind gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für Herstellung eines Vermögensgegenstands entstehen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung rechnen zu den Herstellungskosten nur Ausgaben für tatsächlich erbrachte Leistungen , die zum Bereich der Gebäudeherstellung gehören ( BFH, Beschluß v. 4. 7. 1990, GrS 1/89, BStBl 1990 II S. 830 ).

2. Die Kosten einer ursprünglichen, aber nicht verwirklichten Planung gehören zu den Herstellungskosten eines anderen Gebäudes, wenn sie bei gleichem Zweck und bei gleicher Bauart des geplanten und des später errichteten Bauwerks in dieses wertbestimmend eingegangen sind. Dies setzt voraus, daß den Aufwendungen tatsächlich erbrachte Leistungen zugrunde liegen ( BFH, Beschluß v. 4. 7. 1990, GrS 1/89, BStBl 1990 II S. 830 ).

Hat der Steuerpflichtige ein zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestimmtes Gebäude geplant, aber nicht errichtet , und muß er deshalb an den Architekten ein gesondertes Honorar für Bauüberwachung und Objektbetreuung zahlen, ohne daß der Architekt solche Leistungen tatsächlich erbracht hat, gehören diese Aufwendungen nicht zu den Herstellungskosten eines später errichteten, anderen Gebäudes, sondern sind als Werbungskosten abziehbar ( Werbungskosten-ABC – Vermietung und Verpachtung ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.09.1998, IX R 75/95

Hinweise:

Der Steuerpflichtige und seine Ehefrau erwarben 1980 ein unbebautes Grundstück und schlossen einen Architektenvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung auf diesem Grundstück. Dieses Haus wurde jedoch nicht gebaut. Statt dessen errichteten sie 1982 ein sog. „Typenhaus”, für das – wie sie vortragen – keine gesonderten Architektenleistungen angefallen sind. Aufgrund des Architektenvertrags zahlten die Kläger einen Betrag von 52.881,51 DM, den das FA antragsgemäß für 1981 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte.

Im Streitjahr 1986 entrichteten sie einen weiteren Betrag von 12.189,82 DM, der auf einer gesonderten Vereinbarung vom Mai 1981 beruhte. Darin hatte sich der Steuerpflichtige gegenüber den Architekten verpflichtet, aufgrund der vorzeitigen Auflösung des Architektenvertrags ein Honorar für die noch ausstehenden Leistungen, nämlich Bauüberwachung und Objektbetreuung, zu zahlen. Diesen Betrag machten der Steuerpflichtige und seine Ehefrau für das Streitjahr 1986 erfolglos als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt rechnete dieses zusätzliche Architektenhonorar zu den Herstellungskosten des später errichteten anderen Gebäudes und erhöhte dementsprechend die Bemessungsgrundlage für die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG . Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. Der BFH gab jedoch dem Steuerpflichtigen Recht.

Das BFH-Urteil leitet möglicherweise eine Änderung der Rechtsprechung ein; es betrifft jedenfalls einen m.E. noch immer nicht abschließend geklärten Fragenkreis. Zwar hatte derselbe IX. Senat des BFH schon früher die Schadenersatzleistung des Hauseigentümers an Bauhandwerker wegen Nichterfüllung eines Auftrags ebenfalls ohne weiteres den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet (BFH, Urteil v. 21. 9. 1993, IX R 63/90, BFH/NV 1994 S. 99). Dagegen hatte der VIII. Senat zuvor Schadenersatzfälle wegen – totaler – Aufgabe der Bau- oder Kaufabsicht von Wohngebäuden wiederholt in die einkommensteuerlich unerhebliche Vermögenssphäre verwiesen, weil es an der erforderlichen Einnahmeerzielungsabsicht fehle und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige später doch noch ein anderes Wohnobjekt auf einem anderen Grundstück erwerbe (so z. B. BFH, Urteil v. 29. 11. 1983, VIII R 163/82, BStBl 1984 II S. 307). Das Fachschrifttum tritt demgegenüber freilich überwiegend für den Werbungskostenabzug ein (Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rz. 45, 49).

Wurde – wie jetzt – anstelle des aufgegebenen Bauvorhabens ein anderes ähnliches Wohnobjekt auf demselben Grundstück realisiert , hat der BFH (IX. Senat) bisher mehrfach Architektenhonorare und Schadenersatz für entgangene Architektenhonorare sowie den Schadenersatz wegen Rücktritts vom Kauf eines Fertighauses den Herstellungskosten des tatsächlich errichteten Objekts zugerechnet (BFH, Urteile v. 8. 4. 1986, IX R 82/82, BFH/NV 1986 S. 528 und v. 30. 8. 1994, IX R 21/90, BFH/NV 1995 S.381). Dieser Rechtsprechung hatte sich die Vorinstanz, im vorliegenden Fall das Schleswig-Holsteinische FG, m. E. folgeric...

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