Dr. Gregor Feiter, Dr. Andreas Nagel
Mandantenbeschwerden kommen hin und wieder in jeder Steuerberatungskanzlei vor. Viele Steuerberater empfinden Gespräche mit unzufriedenen Mandanten als besonders unangenehm. Mit der richtigen Gesprächsführung und der richtigen Verhaltensweise gelingt es in den meisten Fällen, die unangenehme Situation souverän zu meistern.
Beschwerden als Chance sehen
Bei Beschwerden sollte man sich stets klar machen, dass sich diese nicht auf eine bestimmte Person, sondern auf die gesamte Kanzlei oder einzelne Leistungen bezieht. Daher sollte man Beschwerden nicht persönlich nehmen oder gar als Angriff auf die eigene Person werten. Seien Sie vielmehr froh, dass der Mandant seine Unzufriedenheit offen ausspricht – statt kommentarlos zu einer anderen Kanzlei zu wechseln und damit als Mandant dauerhaft verloren zu gehen.
Der Mandant eröffnet mit seiner Beschwerde die Möglichkeit, die Mandantenbeziehung durch eine gute Beschwerdebehandlung zu erhalten. Gleichzeitig ist jede Beschwerde auch eine wertvolle Rückmeldung zur Verbesserung der Qualität und des Service in der Kanzlei.
Zuhören und ausreden lassen
Der Mandant muss zunächst die Möglichkeit haben, seine Beschwerde vollständig zu schildern. Lassen Sie den Mandanten daher ausreden, ohne ihn zu unterbrechen und ohne zu widersprechen. Verärgerte Mandanten müssen Gelegenheit haben, ihrem Ärger Luft zu machen und "Dampf abzulassen", bevor eine sachliche Lösung für den Grund der Beschwerde gefunden werden kann.
Haben Sie daher zunächst Verständnis für die Verärgerung des Mandanten und drücken Sie dies auch durch ein gelegentliches Nicken oder die Bemerkung "Ich verstehe" aus. So fühlt sich der Mandant ernst genommen und verstanden. Erst wenn der Mandant ausgeredet hat, kann man selbst Fragen stellen und eine Lösung anbieten. Bei berechtigten Beschwerden sollte man sich beim Mandanten für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen (z. B. für das nochmalige Aufsuchen der Kanzlei). Wenn es in die Situation passt, kann man im Einzelfall mit einer kurzen Erklärung, warum und durch welche "unglücklichen Umstände" es zu dem Fehler gekommen ist, beim Mandanten Verständnis für die Situation wecken. Aber: Fallen Sie nicht in der Rechtfertigungsmodus und schieben Sie die Schuld nicht auf andere(s)!
Formulierungshilfen für Beschwerdesituationen
Diese sollten Sie verwenden:
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Ich kann Ihren Ärger gut verstehen. |
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Ich verstehe, dass Sie sich darüber ärgern. |
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Darüber würde ich mich an Ihrer Stelle auch ärgern. |
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Es tut mir leid, dass Sie deswegen noch einmal in die Kanzlei kommen mussten. |
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Ich werde selbstverständlich alles tun, um das Problem zu lösen. |
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Wären Sie zufrieden, wenn …? |
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Was müsste passieren, damit Sie wieder ganz zufrieden mit uns sind? |
Diese auf keinen Fall verwenden:
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Sie sind der Erste, der sich darüber beschwert. |
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Das kann ich mir gar nicht vorstellen. |
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Das kann doch gar nicht sein. |
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Dafür ist meine Kollegin verantwortlich/zuständig. |
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Das ist doch nicht so schlimm. |
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Das kann schon mal vorkommen. |
Weiteren Kollegen hinzuziehen
Es kommt vor, dass Mandanten ihre Beschwerde sehr lautstark vortragen und andere Mandanten dadurch auf die Beschwerde aufmerksam werden. Die Bitte, etwas leiser zu sprechen, hat bei diesem emotionalen Mandantentyp meist keinen Erfolg. In diesen Fällen empfiehlt es sich, den Mandanten in einen getrennten Büroraum zu bitten und bei Bedarf einen weiteren Kollegen hinzuzuziehen. Durch eine dritte Person versachlicht sich die Diskussion häufig sehr schnell und der Mandant fühlt sich besonders ernst genommen, weil sich nun bereits zwei Personen mit seinem Anliegen beschäftigen.
Beschwerde bearbeiten – Lösung anbieten
Beschwerden sollten stets mit einer für den Mandanten zufriedenstellenden Lösung enden. Der Mandant sollte dabei keinesfalls das Gefühl haben, dass ihm "großzügig" ein Gefallen getan wird, denn aus seiner Sicht ist die Bearbeitung der Beschwerde keine Kulanzlösung, sondern sein gutes Recht. Deshalb sollte man unbedingt auf gönnerhafte Äußerungen wie "Aber nur weil Sie es sind!" oder "Das machen wir aber nur ausnahmsweise!" verzichten.
Sie können entweder selbst einen Lösungsvorschlag anbieten oder den Mandanten fragen, wie aus seiner Sicht eine zufriedenstellende Lösung aussehen würde, z. B. durch die Frage "Was müsste passieren, damit Sie wieder ganz zufrieden mit uns sind?" Meist äußern Mandanten hier akzeptable und keineswegs überzogene Forderungen.
Beschwerde besprechen
Jede Beschwerde sollte während oder nach der Bearbeitung schriftlich dokumentiert werden – auch wenn es unerfreulich ist und einige Minuten Zeit kostet. Dazu kann je nach Beschwerde entweder ein ausführliches "Beschwerdeformular" oder in einfachen Fällen ein "Beschwerdebuch" im DIN A5-Format eingesetzt werden, in dem die Beschwerde mit geringem Zeitaufwand stichwortartig festgehalten wird. In der nächsten Mitarbeiterbesprechung können die Beschwerden dann im Team diskutiert werden. Dabei sollte insbesondere besprochen werden, was im Einzelfall gut bzw. s...