Prof. Dr. Ronald Gleich, Manfred Blachfellner
Den Aufgaben der Messung und des Monitorings der Service-Excellence-Aktivitäten und -Resultate widmet sich das neunte Element des Service-Excellence-Modells. In diesem wird gefordert, dass die Organisation eine Reihe interner und externer Messgrößen entwickeln und systematisch anwenden muss, die sich auf alle Elemente des Modells beziehen. Die diesbezüglichen, originären Ausführungen in der ISO 23592:2021 sind jedoch eher genereller Natur und beschränken sich in Summe auf knapp zwei Textseiten. Dies ist nicht sonderlich verwunderlich, sondern dem Umstand geschuldet, dass ISO-Normen generell eher kurz und prägnant gehalten sind. Dem steht natürlich der Wunsch der Anwenderinnen und Anwender gegenüber, möglichst konkrete Hinweise dazu zu erhalten, was und wie nun genau Service Excellence und deren Performance gemessen werden kann und sollte. Dies war der Auslöser im Technischen Komitee ISO/TC 312, ein spezifisches Dokument im Sinne einer Technischen Spezifikation zu entwickeln, welches Unternehmen einen konkreten Handlungsplan liefert, wie Service Excellence bzw. deren Performance gemessen werden kann. Der aktuelle Arbeitsstand des Dokuments läuft derzeit als Entwurf unter der Kennzeichnung ISO/WD TS 23686 und hat den Titel "Service excellence – Measuring service excellence performance". Die finale Version wird als Technische Spezifikation ISO/TS 23686 aller Voraussicht nach im Sommer 2022 erscheinen. In diesem Dokument werden nach einer kurzen Einführung zunächst die zentralen Begriffe, wie z. B. "Service Excellence Measurement System", definiert. Danach erfolgt eine Darlegung von acht Prinzipien, an denen sich die Messung der Service-Excellence-Performance ausrichten sollte, wie z. B. an einer "Data Management and Analysis Integrity". Die eigentliche Performance-Messung bzw. das Performance-Measurement-System zu Service Excellence basiert auf dem OKR-Ansatz. OKR steht für "Objectives and Key Results" und ist derzeit in der Praxis ein beliebter Ansatz, um Strategien in operative Ziele und messbare Resultate zu überführen. Das Konzept eignet sich folglich sehr gut dazu, eine Service-Excellence-Vision, -Mission und -Strategie, wie diese in der ISO 23592:2021 gefordert werden, in Ziele, Aktivitäten und Ergebnisse zu operationalisieren. So verlangt die ISO/WD TS 23686, dass die Service-Excellence-Aktivitäten regelmäßig gemessen werden sollten, um die Service-Excellence-Performance anhand der Service-Excellence-Ziele zu überwachen. Nach einer generellen Darstellung des Messsystems für die Service-Excellence-Performance werden in den vier darauffolgenden Kapiteln die Messansätze zu den vier Dimensionen des Service-Excellence-Modells präsentiert. Dabei stehen die einzusetzenden Methoden und die zu verwendenden Metriken im Fokus der Betrachtung. Abschließend sei noch auf die diversen für das Controlling relevanten Herausforderungen aufmerksam gemacht. Da Service Excellence sich auf die gesamte Organisation bezieht – soll das Konzept erfolgreich und nachhaltig umgesetzt werden –, ist die damit verbundene Messung komplex und anspruchsvoll. Die Arbeitsgruppe im ISO/TC 312, die sich der Entwicklung der ISO/WD TS 23686 gewidmet hat, musste feststellen, dass es sich dabei um ein hoch innovatives Terrain handelt, zu dem es noch wenig fundierte Grundlagenerkenntnisse gibt. Eine weitere Herausforderung liegt in der Messung von diversen, subjektiv wahrgenommenen Indikatoren wie Kundenbegeisterung und Kundenerlebnisse. So ist es eine zentrale und komplexe Aufgabe, aus den "weichen" Fakten standardisierte und damit auch vergleichbare Kennzahlen zu generieren. Dabei ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die bislang zur Messung von Kundenzufriedenheit eingesetzten Kennzahlen weitgehend unzureichend sind, da diese primär die Erfüllung der Basisqualitäten abbilden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Datenlage in Bezug auf Service Excellence und deren Performance in vielen Organisationen noch eher mangelhaft ist. Schließlich ist in vielen Unternehmen die Verantwortlichkeit für Service Excellence nicht klar definiert. Damit liegen auch keine individuellen Ziele vor. Positiv ausgedrückt, bietet sich für das Controlling damit die einmalige Chance, Service Excellence im Unternehmen aktiv mitzugestalten, und damit zum Erfolg des industriellen Servicegeschäfts bzw. der Servitization essentiell beizutragen. Am Beispiel einiger Controlling-Hauptprozesse werden die Lösungsansätze des Controllings im Zusammenhang mit der Servitization später noch im Detail aufgezeigt.