Prof. Dr. Ronald Gleich, Manfred Blachfellner
Das Engagement und der Wille, einem Freund zu helfen, für ihn eine Lösung zu finden, um Prozesse besser, leichter ablaufen zu lassen: Diese Gründerphilosophie, wird im Unternehmen Heidolph Instruments auch heute noch gelebt.
Abb. 29: Heidolph-Website mit Leistungsversprechen und Hinweis auf Partner
Abb. 30: Heidolph-Leistungspakete
Beispiel: Heidolph Instruments GmbH und Co. KG Ein Blick auf die aktuelle Homepage von Heidolph Instruments zeigt die Grundhaltung des Unternehmens. Dort wird eine Leistung herausgestellt, zu der sich das Unternehmen verpflichtet, "Research made easy", die mittels einer Reihe von Produkten und ergänzender Services beim Kunden realisiert wird (Abb. 29). Damit hat Heidolph eine Grundlage für den eigenen Servitization-Prozess gelegt. Das war in der Entwicklung des Unternehmens nicht immer so. Natürlich wurden früher Produkte und ihre Funktionen, ihre Leistungsmerkmale herausgestellt. Neben dem Direktvertrieb war der Großhandel ein wichtiger Abnehmer. Das Wachstum wurde auch international erzielt. Eine wachsende Gerätepopulation führte dazu, dass immer häufiger Anwender bei Ausfall von Geräten Heidolph direkt anriefen. Auch zum Einsatz der Geräte kamen Nachfragen, die Absatzmittler nicht beantworten konnten. Entsprechend wurden ein technischer Service und eine Applikationsberatung aufgebaut, womit das Wachstum des Produktabsatzes unterstützt wurde. Damit war das Unternehmen ein klassischer Produkt-Hersteller (Phase 1) mit der Besonderheit, interessiert daran zu sein, Kunden zu helfen, wenn der Bedarf sichtbar wird. Diesen Unternehmergeist, sich um das Wohlbefinden der Kunden zu kümmern, haben sich die heutige Gesellschafterin und Geschäftsführung mit ihrem Team erhalten und treiben es weiter voran. Davon zeugt beispielsweise ein Video der Gesellschafterin auf der Heidolph- Homepage. In diesem wird deutlich, warum das Unternehmen in der Branche als Benchmark seitens der Kunden bezeichnet wird. Kunden nennen neben den zuverlässigen Produkten immer den herausragenden Service und die 24-Stunden-Antwort-Policy – "Die helfen schnell und unbürokratisch!" Kunden weisen darauf hin, dass Service, Vertrieb und Applikationsberatung gleichermaßen auf hohem Niveau für Kunden ansprechbar sind und eigenverantwortlich im Team von Heidolph mit dem Unternehmen gemeinsam Lösungen gefunden werden. Heute ist ein solches Verhalten eines Herstellers Voraussetzung, um im Servitization-Prozess erfolgreich zu sein. Wer die Phase 2 "Produkt-Hersteller mit Mehrwert" anstrebt, sollte sich auf die gestiegenen Serviceanforderungen der Kunden im Zeitalter von Amazon und Co. gut vorbereiten. Dafür muss das Mindset der Organisation stimmen. Sonst verpuffen alle organisatorischen Anstrengungen, denn es fehlt den Kunden die Glaubwürdigkeit bzgl. der Leistungsfähigkeit und ihrer Mitarbeiter auf die eigenen Leistungen stolz zu sein. Wie soll da der 1. Schritt im Servitization-Prozess absolviert werden? Der Schritt von der Phase 1 zur Phase 2? In Phase 2 geht es darum, Mehrwertdienste zu leisten und diese auch bezahlt zu bekommen. Die Service-Pakete bei Heidolph haben einheitlich englische Bezeichnungen und sind aus Sicht des Kunden benannt, sie weisen den Mehrwert für den Kunden aus: z. B. "Ready to Go" oder "Full Control" (Abb. 30). "Ready to Go" ist z. Bsp. eine Funktionsprüfung, "Rely on" eine "Endprüfung", die eine Leistungsoptimierung beinhaltet, sofern erforderlich. Die Leistungspakete selbst, in jedem Fall die individuell buchbaren Service-Leistungen und die Erweiterung des Leistungsangebotes durch Integration von Partnern, werden der Phase 2 "Mehrwert-Leistungen" zugeordnet.
Schritt 1: Vorbereitung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens für die Phase 2
- Den Kundenfokus in der Unternehmenskultur verankern
- Business Qualifikation im Service starten
- Service als eigenständige Organisationseinheit aufbauen mit: Außendienst, Administration, technischem Support
- Beachtung besonderer Branchenspezifika
- Kooperation mit Produktvertrieb, Kommunikationsregeln intern und extern
Weitere Themen in Abhängigkeit der Größe der Organisation sind:
a. Service-Produkt-Management und eigenständige Leistungsvermarktung
b. Projektmanagement-Know-how für komplexere Modernisierungsprojekte
c. Aufbau eines integrierten eigenständigen Ersatzteilbereiches
d. Etablieren eines Service-Engineering (Prozessoptimierung)
e. Aufbau einer intensiven Kundenbetreuung durch den Service
- Begleitung des Veränderungsprozesses durch ein Business-Controlling, zunächst in der Rolle eines Enablers für Kalkulation, Pricing und Reporting