Fraglich ist, ob es durch das MoPeG zu Folgeänderungen in den Einzelsteuergesetzen kommen kann, die auf den Terminus des Gesamthandsvermögens rekurrieren. Nach der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung sollen jedenfalls keine Änderungen an den (ertragsteuerlichen) Grundsätzen der Besteuerung von Personengesellschaften mit dem MoPeG einhergehen. Zur Validierung dieser Aussage sollen insbesondere die nachfolgenden Vorschriften – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – untersucht werden.
1. Einkommensteuergesetz
a) § 6 Abs. 5 S. 3 EStG
Verschiedene Konstellationen einer Übertragung im Zusammenhang mit Gesamthandsvermögen: Nach § 6 Abs. 5 S. 1 EStG kann ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen (BV) in ein anderes BV desselben Steuerpflichtigen überführt werden, ohne die darin enthaltenen stillen Reserven zu realisieren.
Dies gilt entsprechend § 6 Abs. 5 S. 3 EStG, soweit inter alia ein Wirtschaftsgut
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem BV des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt; oder
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonder-BV eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt
übertragen wird. Damit sieht § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in verschiedenen Konstellationen eine Übertragung im Zusammenhang mit einem Gesamthandsvermögen vor.
Begriff des Gesamthandsvermögens = zivilrechtliche Auslegung: Der in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG verwendete Begriff des Gesamthandsvermögens ist zivilrechtlich auszulegen und soll nach Ansicht der Finanzverwaltung auch für Gesellschaften anwendbar sein, die über kein Gesamthandsvermögen verfügen.
Keine steuerliche Relevanz in Bezug auf Anwendbarkeit von § 6 Abs. 5 S. 3 EStG: Auch wenn der Terminus des Gesamthandsvermögens zivilrechtlicher Natur ist und nach Inkrafttreten des MoPeG keine (zivilrechtliche) Grundlage mehr hat, so kann daraus – nach der hier vertretenen Auffassung – keine steuerliche Relevanz in Bezug auf die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 5 S. 3 EStG geschlossen werden. Dies ergibt sich aus dem Leitgedanken, der das Gesamthandsvermögen in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG als Vermögen der Personengesellschaft vom Sonder-BV der Gesellschafter abgrenzen will. Auch wenn der Begriff "Gesamthandsvermögen" zivilrechtlich zu verstehen sein soll, so muss dem Sinn und Zweck der Vorschrift folgend darin die Abgrenzung der Vermögenssphären
- der Personengesellschaft einerseits und
- des Gesellschafters andererseits
zu sehen sein. Diese Auffassung lässt sich auch auf die Verwendung des Terminus der "Übertragung" in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG stützen, die einen zumindest wirtschaftlichen Eigentumsübergang zwischen zwei Rechtsträgern bedingt – in Abgrenzung zum Wortlaut der "Überführung" in § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG zwischen BV desselben Steuerpflichtigen.
Dies kann auch damit argumentativ untermauert werden, dass sich der steuergesetzliche Terminus des Gesamthandsvermögens zwischenzeitlich vom Zivilrecht abgekoppelt hat. Da die infragestehende Vorschrift Reorganisationen bei Sicherstellung der Besteuerung stiller Reserven ermöglichen soll, würde durch eine anderweitige Auslegung nach MoPeG der eigentliche Sinn und Zweck der Vorschrift konterkariert.
Da die Finanzverwaltung die Vorschrift selbst auf solche Fälle erweitern will, in denen per se kein Gesamthandsvermögen existiert, kann daraus geschlossen werden, dass bei bloß terminologischer Unschärfe die Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG perspektivisch für Gesellschaften mit Gesellschaftsvermögen ausgeschlossen würde; bei Gesellschaften ohne eigenes Vermögen jedoch weiterhin möglich bliebe. Dieses Ergebnis wäre m.E. unzutreffend.
Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang dennoch eine gesetzliche Klarstellung bzw. ein Verweis auf das Gesellschaftsvermögen anstelle des Gesamthandsvermögens im Kontext des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 und 2 EStG.