Kommentar
Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbaren Werbungskosten gehören auch die Absetzungen für Abnutzung (AfA) – und erhöhten Absetzungen – auf das Gebäude ( § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. § 7 Abs. 4 EStG ).
1. Zur Vornahme von AfA ist befugt , wer den Tatbestand der Vermietung verwirklicht und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat. Es ist nicht erforderlich , daß der Steuerpflichtige bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlicher Eigentümer ist. Ein Steuerpflichtiger kann zu eigenen Einkunftserzielung getätigte Aufwendungen auch dann abziehen, wenn und soweit er diese Aufwendungen für in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter leistet . Dies gilt auch hinsichtlich noch nicht verbrauchten eigenen Aufwands, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut, auf welches er die Aufwendungen getätigt hatte, zwar auf einen Dritten übertragen hatte, er aber dieses Wirtschaftsgut weiterhin für Zwecke der eigenen Einkunftserzielung nutzen darf.
Daher kann eine Steuerpflichtige, die ihren Miteigentumsanteil an einem vermieteten Wohngrundstück auf ihren Sohn überträgt und daraus aufgrund eines vorbehaltenen schuldrechtlichen Nutzungsrechts weiterhin Mieteinkünfte erzielt, für diesen Miteigentumsanteil AfA bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehen (Anschluß an den Beschluß des Großen Senats v. 30. 1. 1995, GrS 4/92, BStBl II S. 281). Daß das Nutzungsrecht nicht im Grundbuch eingetragen ist, spielt keine Rolle.
2. Die AfA-Befugnis steht der Steuerpflichtigen auch für Mietgebäude zu, die sie als Generalbevollmächtigte ihres Sohnes für diesen mit ihren eigenen Mitteln erworben und sich daran den Nießbrauch vorbehalten hat (Anschluß an BFH, Urteil v. 15. 5. 1990, IX R 21/86, BStBl 1992 II S. 67).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.03.1995, IX R 126/89
Hinweise:
1. Mit der jetzigen BFH-Entscheidung wird der langjährigen Praxis zu Recht ein Ende bereitet, wonach nur den im Grundbuch eingetragenen Vorbehaltsnießbraucher, nicht dagegen dem nurmehr schuldrechtlich Nutzungsberechtigten die Gebäude-AfA zustehen sollte, selbst wenn auch er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes getragen hatte ( Wohnrechte , so noch BFH, Urteil v. 30. 7. 1985, VIII R 71/81, BStBl 1986 II S. 327, 332 und Seithel , Einkommensteuerrechtliche Behandlung des Nießbrauchs und anderer Nutzungsrechte, 3. Aufl., S. 47). Denn bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann es keinen wesentlichen Unterschied machen, ob der Nießbrauch im Grundbuch eingetragen ist oder nicht, wenn er tatsächlich durchgeführt wird.
2. Im entschiedenen Fall erzielte die Steuerpflichtige Einkünfte durch Fremdvermietung der drei Objekte. Wird der Vorbehaltsnießbrauch dagegen durch Selbstnutzung eines Wohnhauses oder einer Eigentumswohnung ausgeübt, kommt seit der Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung seit 1987 kein Werbungskostenabzug mehr in Frage. Denn nun gehört die Wohnungsnutzung grundsätzlich zur Privatsphäre.
Auch die Inanspruchnahme der Eigenheimförderung ( § 10e EStG ) entfällt für den Vorbehaltsnießbraucher und -wohnberechtigten nach der Verwaltungspraxis regelmäßig mangels Vorliegens wirtschaftlichen Eigentums (BMF, Schreiben v. 31. 12. 1994, BStBl I S. 887 Tz. 6; in diesem Sinne wohl auch BFH, Urteil v. 21. 5. 1992, X R 61/91, BStBl II S. 944 ). Allerdings ist der überwiegende Teil des Schrifttums insoweit anderer Ansicht (vgl. Stephan , Die Besteuerung selbstgenutzten Wohneigentums, 4. Aufl., S. 100 f. m. w. N.). M. E. bedarf auch noch der Prüfung, ob aus der Entscheidung des Großen Senats v. 30. 1. 1995 (BFH, Beschluß v. 30.1.1995. GrS 4/92, BStBl II S. 281) nicht auch Folgerungen hinsichtlich des Sonderausgabenabzugs zu ziehen sind.