BFH: Ermittlung kürzerer Nutzungsdauer für Gebäudeabschreibung

Ist die tatsächliche Nutzungsdauer einer Immobilie kürzer als üblich, können Steuerpflichtige dies mit geeignetem Nachweis steuerlich berücksichtigen.

Immobilien sind für die Ewigkeit gemacht und repräsentieren einen bleibenden hohen Wert. Das könnte man jedenfalls annehmen, wenn man sich so manches bedeutende Gebäude aus vergangenen Jahrhunderten vor Augen führt. In Bezug auf die Abschreibung sieht es steuerlich jedoch anders aus. In diesem Fall ist zunächst eine festgelegte Nutzungsdauer anzunehmen, die bei Betriebsvermögen bis 2023 standardmäßig mit 50 Jahren festgelegt war und jetzt etwa 33 Jahre beträgt. Wer für die eigene Immobilie von einer kürzeren Nutzung ausgeht, muss dem Finanzamt einen geeigneten Nachweis darüber bringen.

Nießbrauch und anteilmäßige Übernahme von Immobilie

Mit einer kürzeren Nutzungsdauer ihrer Immobilie rechnete auch eine Frau, über deren Fall der Bundesfinanzhof  (BFH, Urteil v. 23.1.2024, IX R 14/23) zuletzt entschieden hat. Dabei ging es um ein Grundstück, auf dem ein im Jahr 1970 erbautes Bürogebäude mit Betriebswohnungen sowie eine Lagerhalle standen. An beidem hatte die Frau zunächst durch Erbvertrag von ihrem verstorbenen Lebensgefährten einen lebenslangen Nießbrauch vermacht bekommen. Das Nießbrauchsrecht wurde jedoch nicht ins Grundbuch eingetragen. Erben waren die beiden Söhne des Mannes. 

Dem Erbvertrag folgend übernahm die Frau die Verbindlichkeiten, die bei Annahme des Vermächtnisses noch auf dem Grundstück lasteten. Außerdem kaufte sie im Jahr 2013 einem der Söhne seinen Miteigentumsanteil ab, wofür sie im 150.000 EUR zahlte. Für das Folgejahr machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten eine Abschreibung – die sogenannte Absetzung für Abnutzung oder kurz Afa – geltend.

Annahme einer tatsächlichen kürzeren Nutzungsdauer

In ihrer Steuererklärung nahm die Frau eine tatsächliche kürzere Nutzungsdauer an. Dabei ging sie von 6 Jahren aus. Das Finanzamt folgte zunächst der eingereichten Erklärung, änderte den Steuerbescheid jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ab. In dem neuen Bescheid unterstellte die Behörde die damals typische Nutzungsdauer von 50 Jahren, was zu einer Afa von 2 % führte.

Nach erfolglosem Einspruch klagte die Frau schließlich vor dem Finanzgericht Köln. Daraufhin beauftragte das Gericht einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken. In seinem Gutachten vom Juli 2020 ermittelte dieser eine gewichtete Restnutzungsdauer von 19 Jahren für das Gesamtobjekt. Dabei stützte er seine Wertermittlung auf § 6 Abs. 6 der ImmoWertV 2010.

Wertermittlung mit jeder geeigneten sachverständigen Methode möglich

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Köln legte das zuständige Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein. Die Richter stellten dazu jedoch fest, dass das Urteil der Vorinstanz nicht zu beanstanden war. Dazu führten sie aus, dass Steuerpflichtige jede zulässige sachverständige Methode zur Ermittlung der tatsächlichen Nutzungsdauer anwenden können. Genau um eine solche gutachterlich anerkannte Schätzmethode handelt es bei der vom hinzugezogenen Sachverständigen genutzten Methode.

Wert des Nießbrauchsrechts sind keine Anschaffungskosten

Ergänzend hatte die Frau erstmalig vor dem Finanzgericht Köln eingebracht, dass die Bemessungsgrundlage der Afa zu erhöhen sei. Dies begründete sie damit, dass durch den Kauf des Miteigentumsanteils an Grundstück und Gebäuden ihr Nießbrauchsrecht teilweise untergegangen sei. Dieser Einschätzung folgten schließlich auch die Richter. Anders sah dies in der Revision aber der Bundesfinanzhof. Demnach fehlt es an einer Rechtsgrundlage, um den Wert des Nießbrauchs in die Anschaffungskosten einbeziehen zu können.

In einem zweiten Rechtsgang muss nun das Finanzgericht feststellen, in welcher Höhe Afa auf das weiterhin bestehende Nießbrauchsrecht abzuziehen sind. Diese kommen dann zur Abschreibung auf die Anschaffungskosten hinzu. Um den Wert korrekt ermitteln zu können, ist die Höhe der Darlehensverbindlichkeit beim Übergang des Vermächtnisses sowie die Laufzeit des Nießbrauchsrechts hinzuziehen.

Praxis-Tipp: Was zählt bei Gebäuden zur Afa

Maßgeblich für die Bemessungsgrundlage bei der Gebäude-Afa sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Immobilie. Diese umfassen allerdings nur die Aufwendungen für das Gebäude, von Gebäudeteilen oder einer Eigentumswohnung. Anschaffungskosten für Gund und Boden sind nicht absetzbar. Steuerlich geltend machen können die Afa allerdings nur diejenigen, die Mieteinkünfte aus dem Gebäude erzielen.



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