Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
6.10.1 Der Regelungsinhalt
Tz. 2072
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
§ 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG hebt die nach DBA vorgesehene Freistellung in den Fällen auf, in denen der ausl Staat die dort erzielten Eink iRd beschr StPflicht nach innerstaatlichem Recht nicht besteuern kann. Die Regelung greift indessen nicht, wenn die Eink nach dem innerstaatlichen Recht des ausl Staates allgemein von der Besteuerung ausgenommen sind.
Diese Regelung ist damit auch eine gewisse Reaktion auf Maßnahmen ausl Staaten, St-Begünstigungen ausschl Investoren aus anderen Ländern zu gewähren, nicht jedoch Gebietsansässigen (sog unfairer St-Wettbewerb).
Beispiel:
Als St-Anreiz gewährt der ausl DBA-Staat X ausl Investoren eine StBefreiung für die ersten zehn Jahre (sog Tax-holiday). Gebietsansässigen des Staates X wird die StBefreiung nicht gewährt.
Lösung:
Bei einer Gleichbehandlung greift die Rückfallklausel hingegen nicht. Daher ist eine Nichtbesteuerung iSv § 50d Abs 9 EStG beispielsweise dann nicht anzunehmen, wenn sich im ausl Staat wegen einer Berücksichtigung von Verlusten keine St ergibt. Handelt es sich bei den im ausl Staat nicht besteuerten Eink um Dividenden, die nach einem DBA in D freizustellen sind, so ist § 50d Abs 9 S 2 EStG ebenfalls nicht anzuwenden. Die StBefreiung der Dividenden bleibt erhalten, wenn die Dividenden eine Einkommensverwendung darstellen.
Ungeachtet eines DBA, das für eine gew Tätigkeit im Staat X die StFreistellung vorsieht, wird diese nach § 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG nicht gewährt.
6.10.2 Die zeitliche Anwendung
Tz. 2073
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Im Gegensatz zur Rückfallklausel des § 50d Abs 9 S 1 Nr 1 EStG ist diese Regelung erst ab 01.01.2007 anwendbar.
6.10.3 Verfassungsrechtliche Prüfung
Tz. 2074
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Auch insoweit handelt es sich um einen Treaty Override. Auf die Ausführungen zu § 20 Abs 2 AStG wird verwiesen, s Tz 2019.
6.10.4 Atomisierung (das "Wenn"- oder "Soweit"-Problem)
6.10.4.1 Das Problem
Tz. 2075
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
§ 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG macht zur Verhinderung der Nichtbesteuerung oder Geringbesteuerung bestimmter Eink eines unbeschr Stpfl die Anwendung der Freistellungsmethode auf diese Eink von deren Besteuerung im anderen Staat abhängig. Nach der derzeitig gültigen Fassung des § 50d Abs 9 EStG ist die Freistellung von Eink ausgeschlossen, wenn sie aufgrund der Anwendung eines DBA durch den anderen Staat von einer Besteuerung dort ausgenommen oder dort nur zu einem durch das Abkommen begrenzten St-Satz besteuert werden können, oder wenn der Stpfl im anderen Staat mit den Eink aufgrund einer dort nur beschränkten StPflicht nicht besteuert wird.
Die Fin-Verw (s Schr des BMF v 20.06.2013, BStBl I 2013, 980) ist der Auff, dass diese Regelungen auch dann Anwendung finden, wenn die Eink im anderen Staat nur tw nicht besteuert werden, weil sie den unbesteuerten Teil der Eink als "unbesteuerte Eink" iS der Abkommensvorschriften versteht. Der BFH ist urspr nur in den sog Ryan-Air Urteilen (s Urt des BFH v 20.05.2015, BStBl II 2016, 90, und v 20.05.2015, BFH/NV 2015, 1395) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Freistellung der Eink unbeschadet des in § 50d Abs 9 S 1 Nr 1 und 2 EStG angeordneten Rückfalls des Besteuerungsrechts auch dann zu gewähren ist, wenn der andere Vertragsstaat das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Eink iR der beschränkten Stpflicht nur für einen Teil der Eink wahrnimmt.
6.10.4.2 Gesetzliche Nachbesserungen ab 2017
Tz. 2076
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Eine solche unterschiedliche Wirkung des Rückfalls des Besteuerungsrechts, je nachdem ob Eink gar nicht oder zu einem (ggf nur sehr kleinen) Teil der Besteuerung unterlegen haben, würde jedoch zu unbilligen Ergebnissen führen. Aufgrund der Zielrichtung der Regelungen zum Rückfall des Besteuerungsrechts, die tats Besteuerung bestimmter Eink unabhängig davon sicherzustellen, ob außerdem weitere besteuerte Eink vorliegen, oder Teile der jeweiligen Einkommensart besteuert worden sind, sollen sie nicht nur Anwendung finden, wenn die betreffenden Eink insges nicht besteuert werden. Ebenso sollen sie – wenn sie im anderen Staat nur tw nicht besteuert werden – auf die unbesteuerten Eink-Teile anzuwenden sein. Nach dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen wird durch die Einfügung von "soweit" statt "wenn" in § 50d Abs 9 S 1 EStG für die Zukunft (ab 2017) sichergestellt, dass die Regelung, falls Eink im anderen Staat nur tw nicht besteuert werden oder nur tw einer geringen Besteuerung unterliegen, der unternehmerische Teil der Eink in D nachbesteuert wird.
Tz. 2077
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Ein vergleichbares Problem besteht bei den DBA-Rückfallklauseln. Durch die Anfügung von § 50d Abs 9 S 4 EStG wird auch für alle DBA-Rückfallklausel-Regelungen (Subject-to-tax-Klauseln) sichergestellt (soweit nicht bereits im DBA, zB USA, geregelt), dass insoweit eine partielle Nachbesteuerung erfolgt. In der Anhörung des BT-Fin-Aussch wurde das Vorhaben kritisiert, da hierdurch bewusste St-Anreize anderer Staaten iR der Gewinnermittlung nachbesteuert werden, wie zB Investitionszulagen, die iR der Gewinnermittlung nach dt StR nicht begünstigt sind. Hie...